Im Rahmen des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel genießt Israel bestimmte Privilegien beim Zugang zum EU-Markt bzgl. Handel und wirtschaftlicher Zusammenarbeit und erhält EU-Mittel für Forschung und Entwicklung, Bildung und Kultur.
Entscheidender Moment der Geschichte der EU
Das Treffen dieser privilegierten Partnerschaft findet in einem entscheidenden Moment der Geschichte der EU statt. Während die Weltordnung ins Wanken gerät, die Achtung des Völkerrechts bröckelt und ein neuer US-Präsident zur Massendeportation von Palästinenser*innen im Gazastreifen aufruft, stehen die europäischen Staats- und Regierungschefs vor einer klaren Entscheidung: Werden sie weiterhin zulassen, dass die europäischen Werte mit Füßen getreten werden, oder werden sie endlich die Vorgabe der Menschenrechte, des Völkerrechts und der regelbasierten internationalen Ordnung beherzigen?
Alles, wofür die EU und ihre Mitgliedstaaten zu stehen behaupten – sei es wirtschaftlicher Wohlstand, gemeinsame Sicherheitspolitik oder die Achtung der Menschenrechte - erfordert in Zeiten wie diesen eine klare und mutige Haltung. Im turbulenten Geschehen der Weltbühne eröffnet sich für die EU-Länder die Möglichkeit, eine führende Rolle zu übernehmen – durch die Neuerfindung der multilateralen Kooperation auf der Grundlage von Werten, die dem globalen Gemeinwohl dienen. Diese Chance sollte auf allen Ebenen ergriffen werden.
Die Lage im besetzten palästinensischen Gebiet und in Israel ist eines der wichtigen Themen, bei denen die EU etwas bewirken könnte. Die Welt hat miterlebt, wie Israel vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen illegalen Besatzung und Apartheidspolitik einen Genozid an den Palästinenser*innen im Gazastreifen begangen hat und weiterhin begeht. Diese schweren Menschenrechtsverletzungen wurden von Amnesty International und vielen anderen ausführlich dokumentiert.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat Israel vor über einem Jahr wegen der Gefahr eines Genozids im Gazastreifen aufgefordert, vorläufige Maßnahmen zu ergreifen. Diese Anordnung wurde eklatant ignoriert. Der Internationale Strafgerichtshof erließ unter anderem Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Netanjahu wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Im Anschluss an ein Gutachten des IGH, in dem festgestellt wurde, dass die Anwesenheit Israels in den besetzten Gebieten unrechtmäßig ist, forderte die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit überwältigender Mehrheit ein Ende der illegalen Besatzung durch Israel. Die Situation ist unmissverständlich klar und der derzeitige, vorläufige und zerbrechliche Waffenstillstand hat sie nicht grundlegend verändert.