„Ein Mangel an politischem Willen, nicht ein Mangel an Beweisen, ist der Grund für die Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft. Es ist unbestreitbar, dass die myanmarischen Sicherheitskräfte Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Rohingya verübt haben. Doch während die internationale Gemeinschaft die Entscheidung, darüber, was zu tun sei, weiter hinauszögert, besteht die Gefahr, dass wichtige Beweismittel verschwinden oder vernichtet werden“, kritisiert Tirana Hassan.
Gräueltaten nicht unter den Teppich kehren
Ende Mai 2018 kündigten die myanmarischen Behörden auf internationalen Druck hin die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission an, die Menschenrechtsverletzungen im Bundesstaat Rakhine aufklären soll. Bisher waren derartige Kompromisse wenig mehr als Scheinuntersuchungen, um Gräueltaten des Militärs zu übertünchen (Download der Amnesty-Erklärung). Auf einer Pressekonferenz Mitte August sagte die Vorsitzende der Kommission, dass keine „Schuldzuweisungen“ gemacht würden und man nicht mit dem Finger auf Einzelpersonen zeigen würde, um ihnen die Verantwortung zu geben – ein klares Indiz dafür, dass sich diese jüngste Untersuchungskommission in keiner Weise von ihren Vorgängern unterscheiden wird.
„Es kann nicht sein, dass die myanmarischen Behörden eine staatliche Untersuchungskommission als Mittel verwenden, um Gewalttaten gegen die Rohingya unter den Teppich zu kehren. Wir waren schon einmal in einer ähnlichen Situation und es ist ganz offensichtlich, dass sie auf Zeit spielen und darauf warten, dass die Welt sich wieder anderen Dingen zuwendet“, so Tirana Hassan.
Internationale Gemeinschaft muss endlich handeln
Amnesty International veröffentlichte im Juni 2018 einen Bericht, in dem die Namen von 13 Personen genannt werden, die bei den Gräueltaten gegen die Rohingya eine Schlüsselrolle gespielt haben. Unter ihnen befindet sich auch der Oberbefehlshaber der Armee, General Min Aung Hlaing.
Amnesty führte konkrete Schritte auf, um diese Personen sowie weitere Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen, wie zum Beispiel die Übergabe des Falls an den Internationalen Strafgerichtshof durch den UN-Sicherheitsrat und die Einrichtung eines internationalen Mechanismus zum Sammeln und Sichern von Beweisen, um diese in zukünftigen strafrechtlichen Verfahren zu verwenden.
Zwar haben in den vergangenen Monaten die Europäische Union, Kanada und die Vereinigten Staaten angekündigt, einige der mutmaßlich Verantwortlichen mit gezielten Sanktionen zu belegen, doch es muss auf UN-Ebene dringend noch viel mehr getan werden, um zu gewährleisten, dass diese auch zur Rechenschaft gezogen werden.
„Wenn sich der UN-Menschenrechtsrat und die Generalversammlung nächsten Monat treffen, braucht es entschiedenes Handeln, um Gerechtigkeit für die Rohingya und andere ethnische Minderheiten im Norden Myanmars zu gewährleisten. Der UN-Sicherheitsrat muss die Situation unbedingt an den Internationalen Strafgerichtshof übergeben – der mögliche Einsatz des Vetorechts darf keine Entschuldigung für Untätigkeit sein. Diese wichtige Chance dürfen wir nicht verspielen“, sagte Tirana Hassan.