Sie fordert auch das Ende des rechtswidrigen Einsatzes von Schusswaffen gegen Afghan*innen an den Grenzen und dass die Täter für die begangenen Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden.
Von türkischen oder iranischen Sicherheitskräften erschossen
„Alle Tötungen, die auf den vorsätzlichen und rechtswidrigen Einsatz von Schusswaffen durch staatliche Stellen zurückzuführen sind, müssen als mögliche außergerichtliche Hinrichtungen untersucht werden“, stellt Marie Forestier klar.
Amnesty International dokumentierte elf Tötungen durch iranische Sicherheitskräfte, wobei die tatsächliche Zahl der Todesopfer wahrscheinlich deutlich höher ist. Aufgrund des Fehlens umfassender Meldeverfahren gibt es nur wenige öffentlich zugängliche Statistiken, aber humanitäre Helfer*innen und afghanische Ärzt*innen haben der Organisation berichtet, dass sie allein zwischen August und Dezember 2021 mindestens 59 Tote und 31 Verletzte verzeichneten. Amnesty International selbst befragte 35 Personen, die versucht hatten, in die Türkei zu gelangen, von denen 23 berichteten, unter Beschuss geraten zu sein.
EU finanziert türkische Abschiebezentren
In ihrem Bericht appelliert Amnesty International auch an die EU, die den Bau von sechs Abschiebezentren in der Türkei mitfinanziert hat. „Die Europäische Kommission muss sicherstellen, dass die migrations- und asylbezogene Finanzierung der Türkei nicht zu Menschenrechtsverletzungen beiträgt. Wenn die EU weiterhin Abschiebezentren finanziert, in denen afghanische Staatsangehörige festgehalten werden, bevor sie rechtswidrig zurückgeschickt werden, läuft sie Gefahr, sich an diesen schweren Menschenrechtsverletzungen mitschuldig zu machen“, so Marie Forestier.
Inhaftiert und gefoltert
Fast alle Befragten, die im Iran oder in der Türkei abgefangen und nicht sofort zurückgeschoben wurden, wurden willkürlich inhaftiert. Die Dauer der Inhaftierung reichte von ein oder zwei Tagen bis zu zweieinhalb Monaten. Dreiundzwanzig Personen beschrieben nach ihrer Haft im Iran dort eine Behandlung, die Folter oder andere Misshandlungen darstellt. Ebensolche Angaben machten 21 Personen, die in der Türkei inhaftiert waren.
„Er schlug mich mit Absicht genau auf meine Wunde“
So unter anderem Amir*, der verletzt wurde, als eine von türkischen Sicherheitskräften abgefeuerte Kugel seinen Kopf streifte. Nachdem er in den Iran zurückgeschoben worden war, wurde er von iranischen Sicherheitskräften festgehalten, die ihn auf den Kopf schlugen: „Sie schlugen mich direkt auf die Wunde, und sie fing wieder an zu bluten ... Einmal sagte ich: 'Bitte schlagen Sie mich nicht auf den Kopf', und der Wärter fragte: 'Wo?' Als ich es ihm zeigte, schlug er mich genau auf diese Stelle", sagte Amir.