Massenhafte Festnahmen
Am 17. November, dem dritten Tag der Proteste, berichteten die staatlichen Medien, dass mehr als 1.000 Demonstrierende festgenommen worden seien. Am 26. November sagte Hossein Naghavi Hosseini, ein Sprecher des Parlamentsausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik, dass 7.000 Personen festgenommen worden seien. Offizielle Zahlen wurden seitens der Behörden noch nicht bekanntgegeben.
Amnesty International hat aus mehreren unterschiedlichen Quellen erfahren, dass die Sicherheitskräfte immer noch im ganzen Land Razzien durchführen und Menschen zuhause und an ihren Arbeitsplätzen festnehmen.
Es wurden auch Minderjährige inhaftiert, einige davon erst 15 Jahre alt. Sie werden unter anderem im Fashafouyeh-Gefängnis in der Provinz Teheran festgehalten, wo Folter und andere Misshandlungen an der Tagesordnung sind. Auch Militärkasernen und Schulen werden als Hafteinrichtungen verwendet.
Zahlreiche Regierungsangehörige wie z. B. der Religionsführer und die Oberste Justizautorität haben die Protestierenden als „Verbrecher*innen“ und „Randalierer*innen“ bezeichnet und sie mit ausländischen Mächten in Verbindung gebracht. In den staatlichen Medien wurde gefordert, die „Anführer*innen“ der Proteste mit dem Tod zu bestrafen.
Auch Journalist*innen, Studierende und Menschenrechtsverteidiger*innen – einschließlich Personen, die sich für Arbeitsrechte und die Rechte von Minderheiten einsetzen – sowie Angehörige ethnischer Minderheiten werden willkürlich festgenommen und inhaftiert.
Der Journalist Mohammad Massa’ed wurde am 23. November festgenommen, nachdem er auf Twitter über die staatlich veranlasste Internetzensur zwischen dem 16. und 24. November gepostet hatte. Einige Tage später kam er gegen Kaution wieder frei.
Die Aktivistin Soha Mortezaei wurde als eine von zahlreichen Studierenden bei einer Protestveranstaltung an der Universität Teheran am 18. November festgenommen. Sie wird seither ohne Zugang zu ihrem Rechtsbeistand und ihrer Familie festgehalten. In der Universität stationierte Sicherheitskräfte hatten ihr zuvor mit Elektroschockfolter und der Einweisung in eine Psychiatrie gedroht.
Berichten zufolge sind einige Gefängnisse und Hafteinrichtungen mittlerweile stark überfüllt. Am 25. November drückte der Stadtrat von Rey in der Provinz Teheran gegenüber Journalist*innen die Sorge aus, dass das Fashafouyeh-Gefängnis sehr stark überbelegt sei und weder die Kapazitäten noch die nötigen Einrichtungen habe, um so viele Inhaftierte zu beherbergen.
Folter und andere Misshandlungen
Augenzeugenberichte und Videoaufnahmen deuten darauf hin, dass Inhaftierte in manchen Fällen gefoltert und anderweitig misshandelt wurden, unter anderem durch Schläge und Stockhiebe. Eine Person gab an, dass ein gegen Kaution freigelassener Familienangehöriger Prellungen und Schnitte am Gesicht aufwies und derart traumatisiert sei, dass er das Haus nicht verlassen wolle.
Ein durch Amnesty verifiziertes und geolokalisiertes Video zeigt, wie mit Handschellen gefesselte Inhaftierte in den Hof der Mali-Abad-Polizeistation in Schiraz gebracht und dann von Sicherheitskräften geschlagen und getreten werden.