Festnahmen für legitime Äußerungen
Die Amnesty-Recherche analysiert die Muster bei Festnahmen, Kautionsentscheidungen und Strafverfolgungen im Rahmen des Hongkonger Nationalen Sicherheitsgesetzes und anderer Gesetze zur nationalen Sicherheit. Die Untersuchung hebt insbesondere drei Hauptprobleme hervor: die Kriminalisierung der legitimen Ausübung des Menschenrechts auf freie Meinungsäußerung, die niedrigen Raten an Freilassungen gegen Kaution in diesen Fällen, und die de facto langfristige Inhaftierung der meisten Angeklagten.
Die Analyse ergab, dass von den 78 abgeschlossenen Verfahren unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz mindestens 66 (84,6%) legitime Äußerungen betrafen, die nach internationalen Standards nicht hätten strafrechtlich verfolgt werden dürfen, da es keine Beweise für gewalttätiges Verhalten oder Aufwiegelung gab.
Zählt man die abgeschlossenen Verfahren auf Grundlage des Gesetzes Artikel 23 und der vor der Verabschiedung dieses Gesetzes geltenden Rechtsvorschriften über „Aufwiegelung“ hinzu, so ging es in mindestens 108 von insgesamt 127 Fällen (85%) um ähnlich legitime Formen der Meinungsäußerung, die zu Unrecht strafrechtlich verfolgt wurden. Diese Fälle liegen weit unter der hohen Schwelle, die nach internationalen Standards für eine strafrechtliche Verfolgung erforderlich ist.
Den Daten von Amnesty zufolge lehnten die Gerichte in 129 Fällen, in denen es um die nationale Sicherheit ging, eine Freilassung gegen Kaution ab, das sind 89% der Fälle, in denen Personen angeklagt waren.
In den 129 Fällen, in denen eine Kaution abgelehnt wurde, betrug die durchschnittliche Dauer der Inhaftierung 328 Tage. In 52 Fällen (40,3%) waren die Betroffenen ein Jahr lang oder länger inhaftiert, bevor es zu einem Gerichtsverfahren oder einem Schuldbekenntnis kam.