„Amnesty International ist bestürzt darüber, dass die griechischen Behörden Sarah und Seán kriminalisieren. Wir stehen an der Seite von Seán und Sarah und werden uns weiter für sie einsetzen, bis sie Gerechtigkeit erfahren, ihre Menschenrechte gewahrt und alle Anklagen gegen sie fallen gelassen werden.“
Hintergrund
Sarah Mardini kam 2015 auf demselben Weg nach Lesbos wie die Menschen, denen sie später half. Auf ihrer Flucht aus Syrien war sie mit ihrer Schwester auf dem Mittelmeer in Seenot geraten. Nach dem Ausfall des Schiffsmotors hatten die beiden geübten Schwimmerinnen das sinkende Boot hinter sich hergezogen, an Land gebracht und so den 18 Mitreisenden das Leben gerettet. Später kehrte Sarah nach Griechenland zurück und arbeitete als Freiwillige bei einer griechischen Such- und Rettungsorganisation, wo sie Seán, einen ausgebildeten Taucher, kennenlernte. Sarah und Seán wurden 2018 unter zahlreichen Anschuldigungen festgenommen, darunter Schmuggel, Spionage, unrechtmäßige Nutzung von Funkfrequenzen und Betrug.
Die derzeit gegen sie erhobenen Anklagen können eine Gefängnisstrafe von bis zu acht Jahren nach sich ziehen. Darüber hinaus drohen ihnen Anklagen wegen schwerer Straftaten wie Menschenschmuggel, Betrug, Geldwäsche und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Falls diese zusätzlichen Anklagen erhoben werden, drohen Sarah und Seán Haftstrafen von bis zu 25 Jahren.
Neben Sarah und Seán werden Hunderte weitere Menschen kriminalisiert und schikaniert, weil sie humanitäre Arbeit für Schutzsuchende in ganz Europa leisten. In einem Bericht von 2020 hat Amnesty International detailliert aufgezeigt, auf welche Weise europäische Regierungen restriktive Bestrafungsmaßnahmen gegen Menschen ergriffen haben, die sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen einsetzen. In Italien, Griechenland, Frankreich und der Schweiz wurden Dutzende von Strafverfahren gegen Einzelpersonen und NGOs, darunter auch Ärzte ohne Grenzen, eingeleitet.
Einem Rechtsgutachten der Menschenrechtskanzlei Leigh Day zufolge gab es in Seáns Fall bisher mehrere schwerwiegende Verstöße gegen internationale Menschenrechtsnormen.