Bei der für den 27. und 28. Oktober anberaumten Berufungsanhörung sollen fünf Berufungsgründe der USA erörtert werden, darunter die Verlässlichkeit der von den USA angebotenen Zusicherungen, nachdem ein unterinstanzliches britisches Gericht im Januar 2021 gegen die Auslieferung von Assange entschieden hatte. Amnesty International ist zu dem Schluss gekommen, dass die Zusicherungen unzuverlässig sind.
Anklage gegen Assange ist eine ernst zu nehmende Bedrohung der Pressefreiheit
Die US-Regierung wirft Julian Assange vor, er habe sich mit einer Whistleblowerin – der Geheimdienstanalystin Chelsea Manning – verschworen, um illegal an geheime Informationen zu gelangen. Es wird gefordert, dass er in den USA wegen Anklagen unter dem Spionagegesetz (Espionage Act) und dem Cybergesetz (Computer Fraud and Abuse Act) vor Gericht gestellt wird. Bei einer Verurteilung droht ihm eine Gefängnisstrafe von bis zu 175 Jahren.
Die Anklage der US-Regierung stellt eine ernste Bedrohung für die Pressefreiheit sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in anderen Ländern dar. Das darin beschriebene berufliche Verhalten umfasst die beruflichen Tätigkeiten, die investigative Journalist*innen und Verleger*innen tagtäglich ausüben. Sollte die Auslieferung von Julian Assange genehmigt werden, würde dies gängige journalistische Praktiken kriminalisieren und es den USA und möglicherweise anderen Ländern ermöglichen, Verleger*innen und Journalist*innen außerhalb ihrer Gerichtsbarkeit ins Visier zu nehmen, wenn diese staatliches Fehlverhalten aufdecken.
„Die unerbittliche Verfolgung von Julian Assange durch die US-Regierung macht deutlich, dass es sich bei dieser Strafverfolgung um eine Strafmaßnahme handelt, doch der Fall geht weit über das Schicksal eines einzelnen Mannes hinaus und gefährdet die Medien- und Meinungsfreiheit“, sagt Agnès Callamard.