Der kenianische Arbeitsrechtsaktivist Malcolm Bidali, der am 4. Mai 2021 von den katarischen Behörden entführt und einen Monat lang in Isolationshaft gehalten wurde, durfte das Land endlich verlassen. Sein Aktivismus für die Menschenrechte kam ihm teuer zu stehen, nicht nur in Form einer Geldstrafe. Der 28-jährige arbeitete als Wachmann und betätigte sich zudem als Blogger und Aktivist. Er kritisierte offen in Artikeln für zahlreiche Online-Plattformen die schwierige Situation, der Arbeitsmigrant*innen wie er in Katar ausgesetzt sind.
Am 14. Juli 2021 erließ der Oberste Justizrat von Katar einen Strafbefehl, in dem es hieß, Malcolm Bidali habe „falsche Informationen mit der Absicht, das öffentliche System des Staates zu gefährden“ verbreitet und veröffentlicht. Er wurde angeklagt, nur weil er seine Meinung geäußert hatte. Die Anklage verstößt gegen internationale Menschenrechtsstandards und insbesondere gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die katarischen Behörden müssen den ungerechtfertigten Schuldspruch aufheben. Die Geldstrafe betrug 25.000 QR (ca. 5.800 Euro). Außerdem wurde sein Mobiltelefon beschlagnahmt und seine Social-Media-Konten auf Twitter und Instagram (@NoahArticulates), über die „das Vergehen begangen wurde“, gesperrt.
Während seiner gesamten Haftzeit wurde Malcolm Bidali der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert. Der Strafbefehl wurde erlassen, ohne dass er jemals angeklagt, vor Gericht gestellt oder über die Art der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe informiert worden wäre. Auch nach seiner bedingten Haftentlassung am 31. Mai 2021 und nachdem er bereits einen Anwalt hatte, wurden diese rechtlichen Grundsätze nicht eingehalten.
Obwohl der Strafbefehl auf den 14. Juli 2021 datiert ist, wurde Malcolm Bidali erst zwei Wochen später davon in Kenntnis gesetzt. So blieb ihm nur ein Tag, um Rechtsmittel dagegen einzulegen. Eine Organisation, die sich für die Rechte von Arbeitsmigrant*innen einsetzt, übernahm dann die Geldstrafe, und er durfte Katar am 16. August 2021 verlassen.
Nach seiner Ausreise sagte Malcolm Bidali:
„Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich angesichts der gegen mich erhobenen Vorwürfe (relativ) unbeschadet davongekommen bin. Ungeheuerliche Vorwürfe und eine noch ungeheuerlichere Geldstrafe, nur weil ich über unsere Erfahrungen gesprochen und auf die Mängel bei den Stellen, die für das Wohl der Arbeitnehmer*innen zuständig sind, hingewiesen habe. Das hat nichts mit „Fehlinformation“ zu tun.
Was ich daraus gelernt habe, ist, dass a) die freie Meinungsäußerung teuer ist und b) die freie Meinungsäußerung ungemein wirksam ist. Letzteres ist der Grund, warum so viele Aktivist*innen und Anwält*innen das tun, was sie tun, trotz der sehr realen Risiken, die damit verbunden sind. Es ist eine Ehre für mich, zu ihnen zu gehören."