„Die Regierung muss die Kommunikationskanäle nach Tigray wiederherstellen, um Rechenschaftspflicht und Transparenz für ihren Militäreinsatz in der Region zu gewährleisten. Zudem müssen humanitäre Einrichtungen und Organisationen zur Beobachtung der Menschenrechtslage uneingeschränkten Zugang zu der Region erhalten. Amnesty International wird nach wie vor alle Mittel einsetzen, um Menschenrechtsverstöße seitens aller Konfliktparteien zu dokumentieren und aufzudecken.“
Menschen mit Macheten, Äxten und Messern angegriffen
Mitarbeiter*innen von Amnesty haben mit Augenzeug*innen gesprochen, die das Militär mit Lebensmitteln und anderen Gütern versorgten und am Morgen des 10. November, also unmittelbar nach dem tödlichen Angriff, in Mai-Kadra eintrafen. Sie fanden in der ganzen Stadt Leichen und Verletzte vor.
Berichten von Augenzeug*innen und verifizierten Bildern zufolge wurden die meisten Toten im Stadtzentrum nahe eines Gebäudes der Commercial Bank of Ethiopia sowie entlang einer Straße nach Humera aufgefunden.
Nach Amnesty International vorliegenden Informationen hatten die Leichen klaffende Wunden, die offenbar von scharfen Waffen wie Messern und Macheten stammten. Diese Berichte sind von einem unabhängigen Pathologen bestätigt worden. Laut Berichten von Augenzeug*innen waren keine Schusswunden sichtbar.
Die Augenzeug*innen gaben an, dass sie gemeinsam mit Angehörigen des Militärs einige Verwundete fanden und diese in Krankenhäuser in Abreha-Jira und Gondar brachten, bevor sie die Leichen aus den Straßen entfernten.
„Die Verletzten sagten, sie seien mit Macheten, Äxten und Messern angegriffen worden. Die Wunden der Toten lassen ebenfalls darauf schließen, dass sie durch scharfe Objekte verursacht wurden. Es ist furchtbar und es macht mich traurig, dies in meinem Leben mitansehen zu müssen“, berichtete ein verstörter Zeuge.
Amnesty International kann bisher nicht bestätigen, wer für die Tötungen verantwortlich ist. Die Organisation hat jedoch mit Augenzeug*innen gesprochen, die angaben, dass Unterstützer*innen der Volksbefreiungsfront von Tigray (Tigray People’s Liberation Front – TPLF) die Massentötung zu verantworten haben. Offenbar hatte das Militär zuvor in einem Gefecht einen Sieg über die TPLF errungen.