Im Ermessen des Richters
Nasrin Sotoudeh war am 13. Juni 2018 in ihrem Haus verhaftet worden. Diese Woche habe man sie darüber informiert, dass sie in insgesamt sieben Anklagepunkten zu 33 Jahren Gefängnis und 148 Schlägen verurteilt worden sei und wo sie diese Strafe verbüßen müsse. Zu den Vorwürfen, die man ihr macht, gehören «Anstiftung zu Korruption und Prostitution», «offenes sündhaftes Auftreten in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch» und «Störung der öffentlichen Ordnung».
Während ihrer Verurteilung sei Artikel 134 des iranischen Strafgesetzbuches angewandt worden, der es den Richtern erlaubt, nach eigenem Ermessen eine höhere Strafe als die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe zu verhängen, wenn ein Angeklagter mit mehr als drei Anklagen konfrontiert wird. Im Fall Nasrin Sotoudeh habe der Richter, Mohammad Moghiseh, für jede der sieben Anklagen die maximale gesetzliche Strafe angewendet und dann weitere vier Jahre zur gesamten Haftstrafe hinzugefügt.
«Eine Menschenrechtsverteidigerin wegen ihrer friedlichen Aktivitäten zu inhaftieren, ist abscheulich genug. Aber dass der Richter im Fall Nasrin Sotoudeh sein Ermessensspielraum genutzt habe, um sie für weit mehr Jahre als vorgesehen zu verurteilen, verschlimmert die ungeheure Ungerechtigkeit ihrer Strafe», sagte Philip Luther.
«Regierungen mit Einfluss auf den Iran müssen ihre Macht nun nutzen, um die Freilassung von Nasrin Sotoudeh zu fordern. Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Europäische Union, die einen ständigen Dialog mit dem Iran führt, muss eine eindeutige Haltung gegen diese Verurteilung einnehmen.»
Widersprüchliche Informationen
Am 12. März 2019 berichtete die Nachrichtenagentur der Islamischen Republik, dass Richter Mohammad Moghiseh Journalisten gesagt habe, man habe Nasrin Sotoudeh zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt: fünf Jahre für «Verbrechen gegen die nationale Sicherheit» und zwei Jahre für die «Beleidigung des Obersten Führers». Der Bericht enthielt keine weiteren Einzelheiten und stellte nicht klar, ob sich der Richter auf einen separaten Fall bezog. Wenn sich der Bericht auf den gleichen Fall bezieht, kann Amnesty International derzeit nicht erklären, warum diese Aussagen des Richters im Widerspruch zu den Informationen stehen, die Nasrin Sotoudeh vom Büro für die Vollstreckung von Urteilen im Evin-Gefängnis übermittelt wurden.