Die Tötung von Fahrer*innen und Fahrgästen durch die französische Polizei ist ein langjähriges Problem. Mit der Änderung des Gesetzes über die innere Sicherheit wurden „absolute Notwendigkeit und strikte Verhältnismäßigkeit” in die bestehenden Vorschriften für den Einsatz von Schusswaffen unter einer Reihe von Umständen eingeführt. Dies bedeutet, dass Strafverfolgungsbeamt*innen keine Schusswaffen verwenden sollten, wenn sie ein legitimes Ziel mit weniger schädlichen Mitteln erreichen können, und dass der Einsatz von Schusswaffen nicht mehr Schaden anrichten darf, als durch den Einsatz verhindert werden soll. Die Vorschriften beschränken den Schusswaffengebrauch jedoch nicht auf Fälle, in denen eine unmittelbare Bedrohung für das Leben oder eine schwere Körperverletzung besteht, und entsprechen somit nicht den internationalen Menschenrechtsvorschriften und -standards.
Verfünffachung bei der Anwendung tödlicher Gewalt bei Ausweis- und Verkehrskontrollen
Seit 2017 hat sich die Anwendung tödlicher Gewalt durch Polizeibeamt*innen verfünffacht, wenn Personen der polizeilichen Aufforderung zum Anhalten bei Ausweiskontrollen und Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung nicht nachgekommen sind. Nach Angaben des Innenministers hat der Einsatz von Schusswaffen gegen Personen in Fahrzeugen seit 2017 deutlich zugenommen. Die bloße Tatsache, dass sich eine Person einer Festnahme widersetzt oder zu fliehen versucht, ohne dass eine Gefahr für das Leben anderer besteht, ist jedoch kein ausreichender Grund für den Einsatz von Schusswaffen.
„Zu viele Menschen – vor allem Schwarze und Araber*innen – sind unter ähnlichen Umständen von der französischen Polizei erschossen worden. Die Menschen sind zu Recht wütend und die Frage 'Wie viele Nahels wurden nicht gefilmt?' ist berechtigt”, sagt Nils Muižnieks, und sagt weiter: „Die Behörden müssen nicht nur Gerechtigkeit für Nahel garantieren, sondern auch die Regeln für Polizeieinsätze reformieren und sinnvolle Maßnahmen ergreifen, um den systemischen Rassismus in der französischen Polizeiarbeit zu bekämpfen.”