Belarus: Misshandlungen an der Grenze
Die Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass Menschen geschlagen und auf andere Weise schwer gefoltert oder misshandelt wurden, unter anderem durch den Entzug von Nahrung, Wasser, Unterkunft und sanitären Einrichtungen. Den Menschen wurden Telefone und Geld gestohlen und Mitglieder der belarussischen Sicherheitskräfte erpressten Bestechungsgelder. Die befragten Personen sagten aus, dass sie diesen Misshandlungen durch belarussische Kräfte ausgesetzt waren, als sie von Minsk in faktische Sperrzonen an der belarussischen Grenze zu Polen, Lettland und Litauen gebracht wurden, die in der Regel umzäunt sind. Die Menschen wurden in Gruppen zu "Sammelstellen" innerhalb der umzäunten Zone eskortiert, bevor sie gewaltsam gezwungen wurden, die Grenze nach Polen zu überqueren, während sie von Hunden gejagt und von den belarussischen Behörden gezwungen wurden, durch eiskalte Flüsse zu laufen.
Ein Mann aus Syrien erzählte Amnesty, dass er zu einer Gruppe von etwa 80 Personen gehörte, die in einem Militärlastwagen zur Grenze gefahren wurden:
"Sie luden uns ab... Es waren etwa zehn [weißrussische] Soldaten und sie hatten vier Hunde dabei. Sie sagten, sie würden die Hunde loslassen, und wenn wir nicht schnell rennen würden, würden wir gebissen werden. Die Soldaten rannten hinter uns her und schlugen jede*n, die*der nicht schnell genug rannte, mit Schlagstöcken. Nachdem sie uns etwa 200 Meter weit gejagt hatten, drehten die Soldaten um und ließen uns in der Pufferzone mitten im Wald zurück. Familien waren getrennt worden. Diejenigen, die von den Hunden gebissen worden waren, bluteten."
Sobald die Menschen in einer "Sammelstelle" sind, dürfen sie diese nicht mehr verlassen oder in nicht eingezäunte, für Zivilist*innen zugängliche Gebiete zurückkehren und sind dort tage- oder wochenlang unter unmenschlichen Bedingungen gefangen. Die Menschen berichteten, dass sie tagelang ohne Nahrung oder mit minimalen Mengen an Wasser oder Brot zurückgelassen wurden und ohne Unterkunft oder sanitäre Einrichtungen. Mehrere Personen berichteten Amnesty International, dass sie die "Sammelstellen" und den Grenzstreifen nur nach Zahlung von Bestechungsgeldern verlassen durften.
Eine kurdische Familie aus Syrien, mit der Amnesty International gesprochen hat, hielt sich 20 Tage lang in der umzäunten Zone auf. Sie aßen nur einmal am Tag und hatten in einem Fall länger als 24 Stunden lang nichts zu essen für ihre beiden Kinder. Der Vater beschrieb die Tortur seiner Familie: "Wir waren manchmal fast ohnmächtig, hatten Hunger und Durst und konnten keine Hilfe finden, weder von polnischen Soldat*innen noch von belarussischer Seite."
Belarussische Sicherheitskräfte nutzten die Situation der Menschen aus, die in den umzäunten Zonen ankamen, schlugen sie heftig und stahlen ihnen oft Handys und Geld. Ein Asylsuchender berichtete, dass er mit Schlagringen geschlagen und mit Stahlkappenstiefeln getreten wurde. Ein kurdischer Iraker erzählte Amnesty International: "Einige hatten eiserne Fingerboxringe und Stiefel mit Stahlkappen. Sie traten uns, während wir auf dem Boden lagen. Sie zwangen uns zur Herausgabe von Geld und Telefonen. Mein Körper war schwarz und blau."
Die internationalen Menschenrechtsnormen schützen das Recht, Asyl zu beantragen, sowie das Recht auf Freiheit von Folter und anderen Misshandlungen. Belarus verstößt in eklatanter Weise gegen diese Rechte, obwohl es den einschlägigen internationalen Verträgen, die diese Rechte schützen, beigetreten ist.