Der Aktivist Alaa Abdel Fattah ist seit dem 1. Oktober 2019 ohne Verfahren willkürlich in Haft. Mithilfe konstruierter Anklagen im Zusammenhang mit Terrorismus wird er unter unmenschlichen Bedingungen in einem Hochsicherheitsgefängnis festgehalten und ist dort diskriminierender Behandlung und Strafmaßnahmen ausgesetzt.
Haftbedingungen
Alaa Abdel Fattah war im September 2019 allein wegen der Wahrnehmung seiner Menschenrechte inhaftiert worden. Er wurde am 20. Dezember 2021 nach einem äußerst unfairen Verfahren von einem Sondergericht wegen "Verbreitung falscher Nachrichten" zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Er war einen Großteil der letzten zehn Jahre willkürlich inhaftiert und einer Fülle von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Dazu gehören Folter und andere Misshandlungen, eine verlängerte willkürliche Inhaftierung, ein unfaires Verfahren, das Untersagen von Familienbesuchen sowie die Haft unter grausamen und unmenschlichen Bedingungen.
Alaa Abdel Fattah war vom September 2019 bis Mai 2022 unter menschenunwürdigen Bedingungen im Hochsicherheitsgefängnis Tora 2 in Kairo inhaftiert. Die Gefängnisbehörden hielten ihn in einer kleinen, schlecht belüfteten Zelle fest und verweigerten ihm Bett und Matratze. Anders als andere Gefangene durfte er weder Sport im Gefängnishof treiben noch die Gefängnisbibliothek nutzen oder Bücher und Zeitungen von außerhalb auf eigene Kosten im Gefängnis erhalten. Auch angemessene Kleidung, ein Radio, eine Uhr, Zugang zu warmem Wasser und jedwede persönliche Gegenstände, wie z. B. Familienfotos, wurden ihm verweigert.
Am 12. Mai 2022 berichtete Alaa Abdel Fattah seiner Mutter, dass er von der stellvertretenden Gefängnisaufsicht des Hochsicherheitsgefängnisses Tora 2 geschlagen worden war, während er Handschellen trug. Nach großem öffentlichem Druck wurde er am 18. Mai 2022 ins Gefängnis Wadi al-Natroun verlegt.
Hungerstreik
Alaa Abdel Fattah trat am 2. April 2022 in den Hungerstreik, um gegen seine unfaire Inhaftierung und die Kontaktsperre zu Vertreter*innen der britischen Botschaft zu protestieren. Am 1. November verschärfte er seinen Hungerstreik und nahm auch die 100 Kalorien, die er seit April noch zu sich genommen hatte, nicht mehr zu sich. Ab dem 6. November trank er auch kein Wasser mehr. Am 11. November 2022 verlor Alaa Abdel Fattah in der Dusche das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, hatte sich eine Menschenmenge um ihn gebildet und er wurde von einem Mitgefangenen gehalten. Außerdem hatte man ihm eine Ernährungssonde gelegt.
Nach dieser Nahtoderfahrung entschied Alaa Abdel Fattah, seinen Hungerstreik nicht unmittelbar fortzusetzen. Er blieb aber entschlossen, wieder in den Hungerstreik zu treten, falls "es weiterhin keine erkennbaren Fortschritte in seinem Fall gibt".
Menschenrechtliche Lage
Alaa Abdel Fattah ist ein bekannter Aktivist und Regierungskritiker, der in den vergangenen Jahren mehrmals festgenommen wurde, unter anderem wegen seines friedlichen Aktivismus und Kritik an den ägyptischen Behörden.
Die Inhaftierung von Alaa Abdel Fattah steht im Kontext der größten Festnahmewelle seit dem Amtsantritt von Präsident Abdel Fattah al-Sisi im Jahr 2014. Am 20. und 21. September 2019 brachen in mehreren ägyptischen Städten Proteste aus, bei denen der Rücktritt des Präsidenten gefordert wurde. Anlass für die Proteste waren die Korruptionsvorwürfe des Armeelieferanten Mohamad Ali, der die ägyptische Militärführung und den Präsidenten beschuldigte, öffentliche Gelder für den Bau von Luxusimmobilien zu verschwenden.
Bei einer Befragung durch die Staatsanwaltschaft am 9. September 2019 gab Alaa Abdel Fattah an, gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein. Die Folterung von Alaa Abdel Fattah während der Haft ist ein Beleg für die brutale Gewalt, die von den ägyptischen Behörden angewendet wird, um Kritiker*innen zum Schweigen zu bringen.