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Iran: Dr. Djalali droht Hinrichtung!

Dr. Ahmadreza Djalali befindet sich seit 2016 zu Unrecht in Haft. Er wird von den iranischen Behörden als Geisel gehalten und ist in unmittelbarer Gefahr, hingerichtet zu werden. Nachdem er bei einem Gefangenenaustausch zwischen dem Iran und Schweden am 15. Juni 2024 nicht berücksichtigt worden war, protestierte er vom 26. Juni bis zum 4. Juli mit einem Hungerstreik gegen seine fortgesetzte willkürliche Inhaftierung. 

Der in Schweden ansässige Arzt Dr. Ahmadreza Djalali war beruflich im Iran, als er am 26. April 2016 festgenommen wurde. Er verbrachte drei Monate in Einzelhaft, ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand. Während dieser Zeit wurde er gefoltert und anderweitig misshandelt, um ein falsches "Geständnis" zu erzwingen. Im Oktober 2017 wurde Dr. Djalali in einem grob unfairen Verfahren wegen "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) zum Tode verurteilt.

Die iranischen Behörden halten Ahmadreza Djalali als Geisel und drohen mit seiner Hinrichtung, um auf die Regierungen anderer Staaten Druck auszuüben. So versuchen sie, ehemalige iranische Behördenvertreter*innen, die im Ausland verurteilt wurden und/oder dort vor Gericht stehen, freizubekommen und künftige Strafverfolgungen gegen iranische Behördenvertreter*innen zu verhindern.

Dr. Djalali leidet an Herzrhythmusstörungen, Blutarmut und Bluthochdruck, dennoch wird ihm immer wieder der rechtzeitige und angemessene Zugang zur medizinischen Versorgung verwehrt. Sein Gesundheitszustand hat sich nach seinem Hungerstreik vom 26. Juni bis 4. Juli 2024 weiter verschlechtert.

Die iranischen Behörden spielen grausam mit Dr. Djalalis Leben und versuchen, die Justiz anderer Staaten zu beeinflussen. Dieser Alptraum muss endlich ein Ende haben!

Fordere jetzt seine Freilassung!

Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit Vor- und Nachname an den Adressaten im Land gesandt.

Hintergrundinformationen

Gefangenenaustausch

Im Juli 2022 wurde in Schweden der ehemalige iranische Gefängnisbeamte Hamid Nouri wegen seiner Beteiligung an den iranischen Gefängnismassakern von 1988 zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei den Massakern fielen tausende politische Aktivist*innen dem Verschwindenlassen zum Opfer und wurden im Geheimen außergerichtlich hingerichtet.

Im Juni 2024 wurde Hamid Nouri jedoch durch die schwedische Regierung begnadigt und kehrte am 15. Juni 2024im Rahmen eines Gefangenenaustauschs in den Iran zurück. Dies bestätigt die früheren Befürchtungen von Amnesty International, dass die iranischen Behörden schwedische Staatsangehörige als Geiseln gehalten haben, um sie gegen Hamid Nouri auszutauschen. Die schwedischen Staatsangehörigen Johan Floderus und Saeed Azizi – der auch die iranische Staatsangehörigkeit hat – kehrten am 15. Juni 2024 nach Schweden zurück, nachdem sie im Iran einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren.

Amnesty International hat bereits früher darauf hingewiesen, dass die Entscheidung der schwedischen Regierung, Hamid Nouri freizulassen, zur Krise der Straflosigkeit im Iran beiträgt und die iranischen Behörden ermutigt, weitere Verbrechen nach dem Völkerrecht, einschließlich Geiselnahmen, zu begehen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Zudem wird so das Recht auf Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Überlebenden und die Familien der Opfer der Massenhinrichtungen 1988 untergraben. Auch könnte diese Entscheidung dazu beitragen, dass das Engagement der schwedischen Regierung für ihre Verpflichtungen nach dem Völkerrecht infrage gestellt wird.

Amnesty International hat wiederholt kritisiert, dass die iranischen Behörden Ahmadreza Dschalali als Geisel halten und mit seiner Hinrichtung drohen, um Dritte zu zwingen, ihn gegen ehemalige iranische Behördenvertreter*innen auszutauschen, die im Ausland verurteilt wurden und/oder dort vor Gericht stehen, und um von künftigen Strafverfolgungen gegen iranische Behördenvertreter*innen abzusehen.

Festnahme und Verurteilung

Dr. Ahmadreza Djalali hielt sich aus beruflichen Gründen im Iran auf, als er am 26. April 2016 festgenommen wurde. Er wurde sieben Monate lang in der dem Geheimdienstministerium unterstehenden Abteilung 209 des Evin-Gefängnisses festgehalten und verbrachte drei Monate in Einzelhaft und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand. Seinen Angaben zufolge wurde er während dieser Zeit gefoltert und anderweitig misshandelt: Man habe ihn unter Druck gesetzt, ein "Geständnis" darüber abzulegen, dass er ein Spion sei. Die Behörden hätten ihm gedroht, ihn hinzurichten und seine in Schweden lebenden Kinder sowie seine im Iran lebende Mutter (die 2021 gestorben ist) zu töten oder auf andere Art zu verletzen. Er sei gezwungen worden, "Geständnisse" abzulegen, die auf Video aufgezeichnet wurden und bei denen er Stellungnahmen verlas, die von den Verhörbeamt*innen vorbereitet worden waren. Ahmadreza Djalali weist die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen als von den Behörden konstruiert zurück. Im August 2017 schrieb er einen Brief aus dem Evin-Gefängnis, in dem er angibt, von den iranischen Behörden nur deshalb inhaftiert worden zu sein, weil er sich geweigert habe, seine akademischen Beziehungen zu europäischen Institutionen dafür zu nutzen, für den Iran zu spionieren.

Dr. Ahmadreza Djalali wurde im Oktober 2017 in einem grob unfairen Verfahren vor der Abteilung 15 des Teheraner Revolutionsgerichts wegen "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) zum Tode verurteilt. Das Gericht stützte sich dabei hauptsächlich auf "Geständnisse", die laut Ahmadreza Djalali durch Folter und andere Misshandlungen erzwungen worden waren. Er befand sich zu dieser Zeit in verlängerter Einzelhaft und hatte keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Amnesty International vertritt die Auffassung, dass der Straftatbestand der "Verdorbenheit auf Erden" die strafrechtlichen Erfordernisse der Rechtsklarheit und Genauigkeit nicht erfüllt und zudem dem Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderläuft. Am 9. Dezember 2018 erfuhren die Rechtsbeistände von Ahmadreza Djalali, dass sein Todesurteil vor Abteilung 1 des Obersten Gerichtshofs summarisch bestätigt worden war, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, Verteidigungsanträge im Namen ihres Mandanten einzureichen. Mindestens zwei Anträge auf eine gerichtliche Überprüfung seines Falls wurden abgelehnt.

Seit Ende Dezember 2018 wurden Ahmadreza Dschalalis erzwungene „Geständnisse“ wiederholt im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt. Durch die Erlangung und Ausstrahlung des erzwungenen "Geständnisses" von Ahmadreza Djalali haben die iranischen Behörden gegen die Unschuldsvermutung verstoßen sowie gegen sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen. Ahmadreza Djalali hat seither bestätigt, dass es sich bei dem ausgestrahlten "Geständnis" um die Angaben handelt, die er unter Zwang gemacht hat und die gefilmt wurden, als er ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand in Einzelhaft gehalten wurde.

Unfaire Verfahren

Amnesty International hat dokumentiert, wie die iranischen Behörden die Standards für ordnungsgemäße Gerichtsverfahren systematisch verletzen – vom Zeitpunkt der Festnahme bis die Angeklagten vor Gericht gestellt werden. Die Betroffenen werden oftmals ohne Haftbefehl festgenommen und an unbekannten Orten ohne Kontakt zu ihren Familien in verlängerter Einzelhaft gehalten. Personen, die im Iran inhaftiert, zu Verhören vorgeladen oder strafrechtlich verfolgt werden, sind oftmals grob unfairen juristischen Verfahren ausgesetzt.

Dies betrifft insbesondere aus politischen Gründen beschuldigte Menschen. Die Strafverfolgungsbehörden sowie Vernehmungsbeamt*innen von Sicherheits- und Geheimdienstinstitutionen, wie dem Geheimdienstministerium, verweigern Inhaftierten systematisch den Zugang zu einem Rechtsbeistand – ab dem Zeitpunkt ihrer Festnahme und während der ganzen Dauer der Ermittlungen. Folter und andere Misshandlungen werden systematisch eingesetzt, insbesondere während der Verhöre. Beispielsweise werden Gefangene in verlängerter Einzelhaft gehalten, geschlagen, ausgepeitscht, an den Gliedmaßen aufgehängt, ihnen werden chemische Substanzen und Elektroschocks verabreicht oder sie erfahren sexualisierte Gewalt.

Amnesty International hat auch dokumentiert, wie Gefängnis- und Strafverfolgungsbehörden Gefangenen absichtlich den Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung verweigern und das Recht auf Leben verletzen, indem sie kranken Gefangenen absichtlich lebensrettende medizinische Versorgung vorenthalten und sich weigern, Todesfälle in der Haft zu untersuchen und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der Hinrichtungsmethode. Die Organisation betont seit langem, dass die Todesstrafe das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.

Musterbrief

Appelle an

Oberste Justizautorität
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
BELGIEN

Kopien an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
Herr Abbas BAGHERPOUR ARDEKANI
Jauresgasse 9
1030 Wien
Fax: (+43 / 1) 713 57 33
E-Mail: public@iranembassy-wien.at

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf, unverzüglich alle Pläne zur Hinrichtung von Ahmadreza Djalali zu stoppen, seine Verurteilung und sein Todesurteil aufzuheben und ihn unverzüglich freizulassen, da seine Inhaftierung aufgrund der schwerwiegenden Missachtung seiner Rechte auf ein faires Verfahren willkürlich ist.
  • Bis zu seiner Freilassung muss er Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung erhalten und vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt werden. Ordnen Sie umgehend unabhängige, wirksame und unparteiische Ermittlungen gegen alle Personen an, die verdächtigt werden, rechtswidrige Handlungen gegen ihn befohlen, begangen, unterstützt oder geduldet zu haben, u. a. Geiselnahme und Folter. Die Verantwortlichen müssen in fairen Gerichtsverfahren zur Rechenschaft gezogen werden.
  • Bitte verfügen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe abzuschaffen.

Inhalt

Dear Mr Gholamhossein Mohseni Ejei,

Swedish-Iranian academic Ahmadreza Djalali, arbitrarily detained in Tehran’s Evin prison, is at grave risk of execution. He has heart arrhythmia, anaemia and high blood pressure, for which he has been denied timely and adequate access to health care. His health deteriorated further following his hunger strike from 26 June to 4 July 2024, which, according to his wife Vida Mehrannia, he underwent in protest at his arbitrary detention and at being “left behind” following a prisoner exchange deal between Iran and Sweden on 15 June. She expressed her fear about his fate following the swap, which resulted in the release of former Iranian official Hamid Nouri, sentenced to life imprisonment by a Swedish court in relation to his role in the 1988 prison massacres in Iran, in exchange for two Swedish nationals.

Ahmadreza Djalali was arrested in Tehran in April 2016 and sentenced to death for “corruption on earth” (efsad-e fel-arz) in October 2017 after a grossly unfair trial before a Revolutionary Court which relied primarily on “confessions” that Ahmadreza Djalali said were obtained under torture and other ill-treatment while he was held in prolonged solitary confinement and denied access to a lawyer. Amnesty International has repeatedly held that “corruption on earth” fails to meet requirements for clarity and precision needed in criminal law. On 9 December 2018, his lawyers learned that the Supreme Court had upheld his death sentence without granting them the opportunity to file defence submissions. Since late December 2018, Ahmadreza Djalali’s forced “confessions” have repeatedly aired on state TV. In May 2022, Ahmadreza Djalali’s lawyers filed a request for judicial review to the Supreme Court and, separately, an appeal to the head of judiciary under Article 477 the Code of Criminal Procedure to order a review of the case; no responses have been received over two years later. Ahmadreza Djalali’s detention is rendered arbitrary due to the gravity of the violations of his fair trial rights, including to the presumption of innocence; to not self-incriminate; to a trial before an independent, competent and impartial tribunal without undue delay; to access a lawyer from the time of arrest; to an adequate defence; to be protected from torture and other ill-treatment and to meaningfully challenge the legality of his detention.

I ask you to immediately stop any plans to execute Ahmadreza Djalali, quash his conviction and death sentence and immediately release him as his detention is rendered arbitrary due to the severe non-observance of his fair trial rights. Pending his release, Ahmadreza Djalali must be provided with adequate medical care and protected from further torture and other ill-treatment. Prompt, independent, effective and impartial investigations into those suspected of ordering, committing, aiding or abetting unlawful acts against him must be conducted and those suspected of such offences brought to justice in fair trials. I also call on you to establish an official moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty.

Yours sincerely,

Fordere jetzt seine Freilassung

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