Ein Jahr nach der Gründung kämpft Tag eins um die Finanzierung ihres konstruktiven Formats. „Wir haben gesehen, dass es in der Aufmerksamkeitsökonomie des Internets schwieriger ist, mit konstruktivem, lösungsorientiertem Journalismus durchzukommen als mit Clickbaits. Das gehört halt leider auch dazu“, beklagt Mayrhauser.
Trotz der Schwierigkeiten ist sie überzeugt, dass es Menschen gibt, die sich nach Entschleunigung sehnen und eine Pause von der Nachrichtenflut brauchen: „Ich glaube, dass konstruktiver Journalismus dazu beitragen kann, dieser Überforderung entgegenzuwirken.“
Seit Kurzem produziert die Reaktion auch den konstruktiven Newsletter „Na gut“ der Wiener Zeitung. Künftig will sich das Magazin mit Beiträgen aus der Kernredaktion und einem halbjährlichen Schwerpunkt auf ausgewählte Themen konzentrieren.
Es braucht mehr als nur Geld
Neben mehr Geld, sind auch die Ausbildungssituation und die personelle Besetzung der Redaktionen ein Punkt, der es schwierig macht, perspektivischen Journalismus und die Arbeit von Formaten wie Tag eins zu betreiben, schildert Mayrhauser.
Es sei sehr hart, Journalist*in zu werden, besonders wenn Menschen aus finanziell benachteiligten Verhältnissen kommen oder Migrationshintergrund haben. Das führe dazu, dass österreichische Redaktionen alle sehr homogen sind und die Menschen meist akademische Lebensläufe mitbringen. Hinzu kommen unbezahlte Praktika und oft jahrelange freie Arbeitsverhältnisse.
Die Studie „Diversität und Journalismus“ aus dem Jahr 2021 unterstreicht diese Hürden: Nur sechs Prozent der österreichischen Journalist*innen hatten laut der Ergebnisse einen nicht-deutschsprachigen Migrationshintergrund. Grund dafür sind nach wie vor hohe Zugangsbarrieren und mangelnde Repräsentation, wodurch sich Menschen mit Migrationshintergrund von klassischen Medien selten angesprochen fühlen.
Um konstruktiven, perspektivenreichen und lösungsorientierten Journalismus in die Breite der österreichischen Redaktionen zu bringen, braucht es Vielfalt bei den Menschen, die diesen machen, so Mayrhauser: „Wenn Journalist*innen unterschiedliche Hintergründe haben, dann ist es auch gut für den Journalismus. Nicht nur aus Repräsentations- oder Diversitätsgründen, sondern auch für die Inhalte, die entstehen.“
Eine Aufforderung zum Dialog
In Anbetracht der gegenwärtigen Herausforderungen für den Journalismus kann die Förderung von Perspektivenreichtum und Lösungsorientierung einen Beitrag dazu leisten, das Vertrauen zwischen Redaktionen und ihrem Publikum wiederherzustellen, betont Mayrhauser: „Natürlich brauchen wir trotzdem unterschiedliche Formen vom Journalismus, aber ich bin überzeugt, dass diese sich sehr gut ergänzen können.“
Konstruktiver Journalismus gilt demnach nicht lediglich als Ansatz, sondern als Aufforderung an alle, die journalistische Inhalte produzieren. In Zukunft wird es auch darum gehen, mehr Möglichkeiten der Teilhabe zu schaffen, sowohl innerhalb der Redaktionen als auch im Dialog mit dem Publikum.
Heinrichs ist davon überzeugt, dass das Gefühl, gesehen und gehört zu werden, eine wesentliche Voraussetzung für das Publikum ist, um das Vertrauen in die Medien zurückzugewinnen: „Es gibt nach wie vor eine Vielzahl von Menschen, die daran interessiert sind, erreichbar zu bleiben. Als Journalist*in ist es von essenzieller Bedeutung, zuzuhören und verstehen zu wollen, worum es den Menschen wirklich geht.“
Text: Julia Trampitsch