Massive Kritik an der bestehenden Situation kommt aber vor allem auch von internationalen und europäischen Menschenrechtsgremien. So wurde Österreich vom UN-Anti-Folterkomitee ausdrücklich aufgefordert, sicherzustellen, dass Vorwürfe von Folter und Misshandlung gegen Polizeikräfte unverzüglich, wirksam und unparteiisch untersucht werden. Und so empfiehlt das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT), eine Institution des Europarates, Österreich seit vielen Jahren die Einrichtung einer unabhängigen Stelle zur Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamt*innen.
Die Polizeigewalt anlässlich der Klimaproteste im Mai 2019 in Wien löste in Österreich einen breiten öffentlichen Diskurs aus. Der diesbezügliche Bericht von Amnesty International wurde im Dezember 2019 veröffentlicht, bereits im Januar 2020 wurde das neue Regierungsprogramm 2020–2024 präsentiert, welches erfreulicherweise die Einrichtung einer „unabhängigen Ermittlungsstelle“ von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamt*innen vorsieht.
Aber was ist seit Jänner 2020 passiert? Unterm Strich nichts. Das Projekt Unabhängige Ermittlungs- und Beschwerdestelle, welche Misshandlungsvorwürfe in Zukunft wirksam untersuchen soll, lässt seit damals auf sich warten. Bis dato sind weder konkrete Pläne für die Umsetzung vonseiten der Regierung präsentiert noch ist die Zivilgesellschaft in die Konzeption dieser Stelle eingebunden worden. Angesichts der derzeitigen politischen Situation und der Ungewissheit, wie lange diese Regierung noch bestehen wird, scheint die Zeit für eine Umsetzung jedenfalls knapp zu werden. Sollte diese Regierung dieses wichtige Projekt nicht in Angriff nehmen, verabsäumt sie nicht nur die Umsetzung ihres größten menschenrechtlich wirksamen Vorhabens, sondern muss vor allem die Verantwortung dafür übernehmen, dass Polizeigewalt in Österreich auch weiterhin in vielen Fällen straflos bleibt.