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Behandlung für Zeynab Jalalian verweigert!

15. Juni 2018

Der iranisch-kurdischen Gefangenen Zeynab Jalalian wird von den Behörden vorsätzlich der Zugang zu fachärztlicher Behandlung verweigert, obwohl sich ihr Gesundheitszustand immer weiter verschlechtert. Das kommt der Folter gleich. Zeynab Jalalian wird im Gefängnis von Choy in der Provinz West-Aserbaidschan festgehalten. Sie hat mehrere Erkrankungen, darunter eine Herzkrankheit und eine schwerwiegende Zahninfektion.

 

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Sachlage

Die schwerkranke iranisch-kurdische Gefangene Zeynab Jalalian verbüßt nach einem grob unfairen Verfahren eine lebenslange Haftstrafe im Gefängnis von Choy in der Provinz West-Aserbaidschan, wo ihr eine dringend benötigte Zahnbehandlung verweigert wird. Das medizinische Personal hält eine Überstellung in eine Dentalklinik außerhalb des Gefängnisses für erforderlich, um sie einer zahnärztlichen Behandlung zu unterziehen. Zeynab Jalalian leidet seit drei Monaten an einer schweren Infektion ihrer Zähne. Die Behörden verweigern ihr jedoch die Überstellung in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses und führen „Sicherheitsgründe“ als Rechtfertigung auf.

Zeynab Jalalian leidet zudem an Herz-, Darm- und Nierenproblemen sowie an einer Pilzinfektion im Mund, die zu schmerzhaften weißen Beulen auf ihrer Zunge geführt hat. Dadurch kann sie kaum essen und schlucken. Zeynab Jalalian läuft außerdem Gefahr, im Gefängnis ihr Augenlicht zu verlieren, weil ihr die Operation verweigert wird, die sie dringend aufgrund einer sich verschlimmernden Augenerkrankung benötigt. Sie leidet an einem schweren Fall von Pterygium (Bindehautwucherung), wodurch ihre Sehfähigkeit eingeschränkt ist. Ihre rechte Körperhälfte ist taub. Die Ursache ist nicht bekannt, da keinerlei diagnostische Tests durchgeführt wurden. Zudem steigt ihr Blutdruck immer wieder unkontrolliert an und fällt ab. Der Gefängnisarzt erklärt das mit dem Stress und psychologischen Druck, dem sie ausgesetzt ist. Sie hat die Gefängnisbehörden in den vergangenen zwei Jahren wiederholt aufgefordert, sie in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses zu verlegen, um die genannten Erkrankungen diagnostizieren und fachärztlich behandeln zu lassen. Die Behörden haben ihre Bitten jedoch entweder rundweg abgelehnt oder unter der Bedingung akzeptiert, dass sie vor laufender Kamera „Geständnisse“ ablegt. Seit März 2017 verweigert sie jegliche Medikamente. Sie protestiert damit gegen die Weigerung der Behörden, ihr eine angemessene medizinische Versorgung zu gewähren. Nach einem Treffen mit der Leitung des Choy-Gefängnisses Anfang Juni 2018 machte sie eine Ankündigung: Sollten die Behörden ihr weiterhin den Zugang zu einem Zahnarzt verweigern, würde sie ihren Protest ausweiten. Sie ließ offen, zu welchen Maßnahmen sie in diesem Fall greifen werde.

Am 11. Juni schrieb Zeynab Jalalian in einem Brief aus dem Gefängnis: „Ich werde gezwungen, unglaubliche Schmerzen auszuhalten... Als politische Gefangene habe ich keine Rechte... Die Behörden erlauben mir nicht, einen Arzt zu sehen, aber die Medien haben sie angelogen und behauptet, ich wäre ärztlich behandelt worden.“

Hintergrundinformation

Zeynab Jalalian wurde im März 2008 wegen ihres sozialen und politischen Einsatzes beim politischen Flügel der „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“ (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê – PJAK) festgenommen. Ihr Engagement konzentrierte sich auf Aktivitäten für die kurdische Selbstverwaltung sowie der Stärkung von Frauen, die der kurdischen Minderheit im Iran angehören. PJAK ist eine politisch-kurdische Oppositionsgruppe, die auch einen bewaffneten Flügel hat. Zeynab Jalalian wurde ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand acht Monate lang in Einzelhaft gehalten. Ihren Angaben zufolge wurde sie während dieser Zeit von Angehörigen des Geheimdienstministeriums gefoltert. Unter anderem soll man ihr Stockschläge auf die Fußsohlen und Schläge in den Bauchbereich versetzt, ihren Kopf gegen eine Wand geschlagen und ihr mit Vergewaltigung gedroht haben. Anfang 2009 wurde sie in einem Gerichtsverfahren, das nur wenige Minuten dauerte und grob unfair war, wegen „Feindschaft zu Gott“ (moharebeh) zum Tode verurteilt. Das Revolutionsgericht von Kermanshah befand sie für schuldig, „Waffen gegen den Staat erhoben“ zu haben, obwohl es keinerlei Beweise für eine Verbindung zu bewaffneten Aktivitäten der PJAK gab. Aufgrund ihrer „mutmaßlichen Zugehörigkeit zum bewaffneten Flügel der PJAK“ und ihrer Reisen zwischen dem Iran und dem Irak zog das Gericht den Schluss, dass „sie an terroristischen Operationen beteiligt gewesen sein könnte, sich jedoch weigert, die Wahrheit zu sagen“. Der Rechtsbeistand von Zeynab Jalalian, den sie erst wenige Wochen vor ihrem Verfahren beauftragen durfte, erhielt nicht die Möglichkeit, sie bei dem Verfahren zu vertreten, da man ihn nicht über das Datum des Gerichtstermins informierte. Im Mai 2009 wurde ihr Todesurteil bestätigt. Im Dezember 2011 begnadigte der Oberste Religionsführer des Iran sie, und das Todesurteil wurde in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt.

Seit 2014 wird von ärztlicher Seite eine Operation zur Entfernung des Augenfells empfohlen, einem flügelförmigen Gewebe, das sich zunächst im weißen Bereich des Augapfels bildet und ohne Behandlung im weiteren Verlauf die Hornhaut überwuchert. Zeynab Jalalian benötigt unter diesen Umständen dringend eine Augenoperation. Die Behörden verweigern ihr jedoch die Überstellung in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses zur Durchführung der Operation. Sie erhält lediglich Augentropfen, die diese Erkrankung jedoch nicht behandeln. Sie verweigert jegliche Medikamente. Damit protestiert sie gegen die Weigerung der Behörden, ihr eine angemessene medizinische Versorgung zu gewähren; gegen die nicht zutreffende Aussage gegenüber den Vereinten Nationen, sie sei bei bester Gesundheit, und gegen die Manipulation ihrer Krankenakte, um es so aussehen zu lassen, als erhielte sie jede Woche eine Kontrolluntersuchung.

Seit ihrer Festnahme setzen die Behörden Zeynab Jalalian andauernd unter Druck, vor laufender Kamera ein „Geständnis“ abzulegen. Im Mai 2016 war sie Thema einer Sendung des staatlichen Fernsehens namens „Der Schatten des Terrorismus“. Darin wurde die PJAK als „totbringende Terrorgruppe“ bezeichnet, die sich der „Gehirnwäsche“ und Rekrutierung „leichtgläubiger“ junger Erwachsener und Kinder verschrieben habe und Frauen und Kinder töte. Die Sendung bezog sich auf Berichte über den Zeynab Jalalian verweigerten Zugang zu medizinischer Versorgung und bezeichnete diese Berichte als „eine typische Strategie der Propaganda der Terrorgruppe PJAK, mit dem ein Opfer ausgenutzt wird“. In der Sendung wurde Zeynab Jalalian gezeigt, wie sie sagt: „Die Berichte über den Verlust meines Augenlichts, die Gefahr für mein Leben und meine Erkrankungen entsprechen nicht der Wahrheit. Ich habe nur einige harmlose gesundheitliche Probleme.“ Dieser Bericht wurde mit langen Interviews mit der Leitung des Choy-Gefängnisses, einer Gefängnissozialarbeiterin sowie einer Frau, die als Zeynab Jalalians Zellengenossin vorgestellt wurde und deren Gesicht vom Sender unkenntlich gemacht worden war, untermauert. Sie behaupteten, dass Zeynab Jalalian umfassenden Zugang zu medizinischer Versorgung habe und ihr Augenproblem mit der Anwendung von Augentropfen gelöst worden sei. Die Schwester von Zeynab Jalalian hat Amnesty International später berichtet, dass Zeynab Jalalian die in der Sendung ausgestrahlten Äußerungen mit der Begründung zurückgezogen habe, sie sei zu diesen Aussagen gezwungen worden.

Im April 2016 forderte die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen die iranischen Behörden auf, Zeynab Jalalian sofort freizulassen, da sie nur aufgrund der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit im Rahmen „ihrer sozialen und politischen Aktivitäten für die Rechte kurdischer Frauen“ und „ihre Beteiligung an politischen Aktivitäten... mit dem nicht militanten Flügel der PJAK“ inhaftiert sei. Die UN-Arbeitsgruppe kam zu dem Schluss, Zeynab Jalalian sei der Zugang zu einem fairen Gerichtsverfahren verweigert worden und ihre Behandlung sei ein Verstoß gegen das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Wenn sich Behörden weigern, Gefängnisinsass_innen medizinische Versorgung bereitszustellen und wenn ein solches Vorenthalten vorsätzlich geschieht und einer Person „große Schmerzen oder Leiden“ zugefügt werden, um sie zu bestrafen, zu nötigen oder einzuschüchtern, ein „Geständnis“ zu erlangen oder aus einem sonstigen auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, so ist dies mit Folter gleichzusetzen. Nähere Informationen zur Verweigerung der medizinischen Behandlung finden Sie in dem englischsprachigen Bericht: Health care taken hostage: Cruel denial of medical care in Iran’s prisons, 18 July 2016, https://www.amnesty.org/en/documents/mde13/4196/2016/en/.

 

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