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USA: Transfrau Maura aus Einwanderungshaft entlassen

16. Juli 2021

Maura ist eine Transfrau, die seit vielen Jahren in den USA lebt. Vor Jahren suchte sie dort Schutz, weil sie in Mexiko ständig transfeindlicher Gewalt ausgesetzt war. Nach einem Rechtsverstoß nahmen die US-Behörden sie in Einwanderungshaft und drohten ihr mit Abschiebung. Sie verbrachte mehr als zwei Jahre in einer kalifornischen Haftanstalt. Dort war sie Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt und erhielt keine angemessene medizinische Versorgung. Am 2. Juli ließen die US-Einwanderungsbehörden Maura endlich frei.

Danke allen, die sich für Maura eingesetzt haben.

Amnesty International hat mit einem Zusammenschluss von Organisationen zusammengearbeitet, die sich für die Rechte von Einwanderer_innen und LGBTI+ einsetzen, um internationalen Druck auf die Behörden auszuüben, Maura freizulassen.  

Wie Maura sitzen viele Transgender-Personen zu Unrecht in US-Einwanderungshaft und erfahren aufgrund ihrer Geschlechtsidentität unmenschliche Behandlung. Die USA haben das größte Einwanderungsgefängnissystem der Welt, in dem durchschnittlich fast 40.000 Einwandernde und Asylsuchende in über 200 Einwanderungsgefängnissen festgehalten werden (Stand: Anfang 2020). Während die Zahl der Inhaftierungen Ende 2020 und Anfang 2021 aufgrund von Abschiebungen und der unter dem Vorwand von Corona-Schutzmaßnahmen in Kraft gesetzten Einwanderungsbeschränkungen an der US-Südgrenze auf einen historischen Tiefstand sank, ist die Zahl der Menschen in Einwanderungshaft unter der Biden-Administration wieder stark angestiegen: von 13.860 Anfang Februar auf 27.008 Anfang Juli 2021 – ein Anstieg von 95 Prozent.

Die überwiegende Mehrheit der Inhaftierten sind Menschen of Colour, und die meisten Inhaftierten werden in privat betriebenen Gefängnissen festgehalten, in denen finanzielle Anreize die Qualität der Betreuung zu diktieren scheinen. Fast alle anderen werden in Bezirksgefängnissen festgehalten, die dazu einen Vertrag mit der Bundesregierung haben. Die Gewinne der größten privaten Gefängnisbetreibenden sind in den letzten vier Jahren in die Milliardenhöhe gestiegen. Ob privat oder öffentlich, eine große Anzahl von Einrichtungen, in denen Einwandernde festgehalten werden, wird mit Menschenrechtsverletzungen und schlechter Behandlung in Verbindung gebracht, darunter unsichere und unhygienische Bedingungen, Übergriffe und Misshandlungen, unzureichende medizinische Versorgung und der übermäßige Einsatz von Einzelhaft. Ohne den uneingeschränkten Zugang zu Impfstoffen oder angemessene Schutzmaßnahmen sind inhaftierte Einwandernde und Asylsuchende in großer Gefahr, da sie den ständigen Corona-Ausbrüchen in den Hafteinrichtungen schutzlos ausgesetzt sind.

Historie der Urgent Action vom 8. Juni 2021

Die 41-jährige Transfrau Maura aus Nicaragua ist seit April 2019 in der Hafteinrichtung der US-Einwanderungs- und Zollbehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) im kalifornischen Otay Mesa inhaftiert und dort Menschenrechtsverletzungen und mangelnder medizinischer Versorgung ausgesetzt. Die ICE ist rechtlich befugt nach eigenem Ermessen über eine Freilassung zu entscheiden. 

Maura sucht in den USA Schutz, da sie bei einer Abschiebung nach Nicaragua als Transfrau um ihr Leben fürchtet. Nicaragua ist kein sicherer Ort für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LGBTI) und insbesondere nicht für Transfrauen.

Mauras fortgesetzte Inhaftierung schadet ihr, ist unnötig und untergräbt die ausgesprochene Selbstverpflichtung der aktuellen US-Regierung zu einer antirassistischen und menschenrechtskonformen Politik.

Hintergrund

Trotz einiger willkommener Schritte zur Rücknahme diskriminierender und fremdenfeindlicher Maßnahmen der Vergangenheit müssen Präsident Biden und seine Regierung noch eine Reihe von Einwanderungsreformen in die Tat umsetzen, zu denen sie sich verpflichtet haben, und müssen mit Blick auf die Einwanderungshaft umgehend eine Kurskorrektur vornehmen. Anfang Februar 2021, kurz nach der Amtsübernahme der derzeitigen US-Regierung, waren bei der ICE insgesamt 13.860 Personen inhaftiert. Am 2. Juni wies die Zahl mit 23.107 Inhaftierten einen sprunghaften Anstieg von 66 Prozent auf. Darüber hinaus werden tausende weitere Menschen in Gruppen abgeschoben, ohne dass sie die Möglichkeit erhalten, Asyl zu beantragen. People of Colour stellen die große Mehrheit der inhaftierten Einwander*innen und Asylsuchenden und werden seit langem von der ICE zusätzlich diskriminiert und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

Amnesty International fordert die US-Regierung und die relevanten Regierungsbehörden auf, Menschen in Einwanderungshaft unter Zugrundelegung des Rechts auf Freiheit und mittels einer Überprüfung ihrer Akte aus der Haft zu entlassen sowie die Verträge mit privaten Gefängnisverwaltungen und County-Gefängnissen auslaufen zu lassen und ebenso die Verhängung von Familienhaft einzustellen. Statt Einwanderungshaft sollten die Asylsuchenden und Migrant*innen in den Gemeinden leben können und darin durch Sponsor_innen, Dienstleistungen auf Gemeindeebene und Programme zur Unterstützung von Einzelfällen unterstützt werden.

Die Inhaftierung von Asylsuchenden sollte immer nur als letztes Mittel angewandt werden, wenn alle anderen Alternativen ausgeschöpft und im Einzelfall als nicht angemessen beurteilt wurden. Laut Angaben des UN-Sonderberichterstatters über Folter kann diese Art willkürlicher Inhaftierung von Asylsuchenden "sehr schnell, wenn nicht gar sofort" als Misshandlung betrachtet werden, wenn es sich bei den Betroffenen um Personen handelt, die besonders schutzbedürftig sind. Dazu zählen insbesondere Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen und Minderheiten wie LGBTI.

Die USA haben nach dem Völkerrecht die Verpflichtung sicherzustellen, dass die Menschenrechte von Migrant*innen und Asylsuchenden geachtet, geschützt und gewährleistet werden. Im Juli 2017 kam die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen bei einem Besuch in den USA zu dem Schluss, "dass die obligatorische Inhaftierung von Migrant*innen, insbesondere Asylsuchenden, gegen internationale Menschenrechts- und Flüchtlingsstandards verstößt. ... Die Arbeitsgruppe hat beobachten können, dass das derzeitige System der Inhaftierung von Migrant*innen und Asylsuchenden in vielen Fällen der Bestrafung dient, unbegründet lange währt, unnötig ist und über Gebühr kostspielig ist, wo es eigentlich andere Lösungen gibt. [Die Inhaftierung] wird nicht aufgrund einer individuellen Prüfung über Notwendigkeit und Angemessenheit verhängt, findet unter unwürdigen Bedingungen statt und führt zur Abschreckung von gerechtfertigten Asylanträgen".

Die USA sind nach dem Non-Refoulement-Prinzip verpflichtet, Menschen nicht in Länder abzuschieben, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Solche Schutzmechanismen sind zwingend notwendig für Menschen, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen. Die ständige Verfolgung von LGBTI-Menschen in Nicaragua wird von Amnesty International und von praktisch jeder Organisation, die regelmäßig über die Verhältnisse in Nicaragua berichtet, darunter auch das US-Außenministerium, fortgesetzt beobachtet und dokumentiert.

Seit mindestens zehn Jahren beschreiben die Länderberichte des US-Außenministeriums zu Nicaragua die weitverbreiteten "Angriffe gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LGBTI)". Im Bericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission steht unter anderem, dass die Verfolgung von LGBTI in Nicaragua, dazu führt, dass sie aus dem Land flüchten; LGBTI-Organisationen in Nicaragua verschiedenen Angriffen ausgesetzt sind und dies bei LGBTI von der Ostküste Nicaraguas "Erniedrigungen, Demütigungen und Fälle von Steinigungen" umfasst. Nicaragua hat eine Geschichte der systematischen Verfolgung von LGBTI und diese hat sich nach den Protesten im Frühjahr 2018 noch verschärft. Dass Maura eine Transfrau ist, bringt sie bei einer Abschiebung nach Nicaragua in Gefahr, Gewalt und Verfolgung durch die nicaraguanischen Behörden ausgesetzt zu werden.