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Thailand: Aktivistinnen im Hungerstreik freilassen

14. Juni 2022

Am 3. Mai wurden zwei Frauen in Untersuchungshaft genommen, weil sie eine öffentliche Umfrage durchgeführt hatten. Sie traten am 2. Juni in den Hungerstreik, um ihr Recht auf Freilassung gegen Kaution einzufordern. Die Behörden haben gegen sie und eine weitere Person, die zuvor gegen Kaution in den Hausarrest entlassen wurde, ein Strafverfahren wegen der Durchführung von Meinungsumfragen auf der Straße eingeleitet. Die Vorwürfe gegen die drei müssen fallengelassen und sie müssen umgehend freigelassen werden.

 

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Sachlage

Am 10. März 2022 leitete die Polizei ein Strafverfahren gegen Netiporn 'Bung' Sanesangkhom, Nutthanit 'Bai Por' Duangmusitseit und Tantawan 'Tawan' Tuatulanon ein, weil sie am 8. Februar 2022 vor einem Bangkoker Einkaufszentrum die Kund*innen nach ihrer Meinung zu den Verkehrskontrollen gefragt hatten, die anlässlich königlicher Fahrzeugkonvois durchgeführt werden. Sie lud die drei vor, weil sie sich vor Ort geweigert hätten, den Anordnungen von Polizeibeamt*innen Folge zu leisten. Anschließend ließen sie sie gegen Kaution frei. Mitte März beantragte die Polizei beim Strafgerichtshof und beim Strafgericht Süd-Bangkok, die Freilassung aller drei Frauen gegen Kaution wieder aufzuheben. Die drei Frauen wurden in Untersuchungshaft genommen, Tantawan Tuatulanon am 20. April, Netiporn Sanesangkhom und Nutthanit Duangmusit am 3. Mai 2022.

Die thailändische Regierung verweigert der Online-Englischlehrerin Netiporn Sanesangkhom und der Studentin Nutthanit Duangmusit seit ihrer Festnahme am 3. Mai 2022 zum wiederholten Mal das Recht auf Freilassung gegen Kaution. Die beiden Aktivistinnen traten daraufhin am 2. Juni 2022 aus Protest gegen ihre Inhaftierung in den Hungerstreik. Die bereits am 20. April festgenommene Tantawan Tuatulanon wurde zwar nach 36 Tagen Hungerstreik in Haft gegen Kaution freigelassen, sie steht jetzt jedoch unter Hausarrest. Nutthanit 'Bai Por' Duangmusit hat durch die Inhaftierung Prüfungen an der Universität verpasst. Den dreien drohen Strafverfahren, u. a. wegen Aufwiegelung und Majestätsbeleidigung, allein deshalb, weil sie friedlich eine Meinungsumfrage in der Öffentlichkeit durchgeführt und ihre eigene Meinung online mit anderen geteilt haben.

Nachdem die drei Frauen, gemeinsam mit anderen, eine Umfrage zu den Verkehrskontrollen im Rahmen königlicher Fahrzeugkonvois durchgeführt hatten, leiteten Regierungsbeamt*innen Strafverfahren wegen Majestätsbeleidigung nach Paragraf 112 des Strafgesetzbuches gegen sie ein. Dieser Paragraf sieht drei bis 15 Jahre Haft für diejenigen vor, die "den König, die Königin, den Thronfolger oder den Regenten verleumden, beleidigen oder bedrohen". Außerdem beschuldigten sie die Frauen nach Paragraf 116 des Strafgesetzbuches. Dieser untersagt es, "Unruhe und Unzufriedenheit im Volk in einer Weise zu stiften, die geeignet ist, Aufruhr im Lande hervorzurufen, oder das Volk zu veranlassen, die Gesetze des Landes zu übertreten" und ahndet dies mit sieben Jahren Haft. Internationale Menschenrechtsexpert*innen haben den thailändischen Behörden empfohlen, diese und andere Gesetze zu ändern oder aufzuheben, um die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Thailands zu erfüllen.

Die Polizei hielt auch Tantawan Tuatulanon zwischen dem 5. und 7. März 2022 in Gewahrsam, weil sie auf Facebook live einen Kommentar über die Verkehrsmaßnahmen der Polizei zur Räumung der Straßen vor dem UN-Hauptquartier in Bangkok sendete, die in Vorbereitung auf die Durchfahrt eines königlichen Fahrzeugkonvois stattfanden. Sie wurde unter der Bedingung gegen Kaution freigelassen, keine Aktivitäten mehr auszuüben, die die Monarchie herabsetzen. Die Polizei leitete auch gegen sie ein Strafverfahren wegen Majestätsbeleidigung sowie wegen des Hochladens von Material in Computersysteme nach den Bestimmungen des Gesetzes über Computerkriminalität ein.

Hintergrundinformation

Die Polizei argumentierte bei der Festnahme am 3. Mai, dass Nutthanit Duangmusitseit und Netiporn Sanesangkhom gegen die Bedingungen ihrer Freilassung verstoßen hätten, indem sie am 13. März 2022 eine weitere Meinungsumfrage durchgeführt hätten. Die Polizei behauptete auch, dass sie durch das Werben für die Umfrage auf Facebook Versammlungen provoziert hätten, die zu öffentlicher Unruhe führen würden, und dass Tantawan Tuatulanon ihren Aktivismus wahrscheinlich fortsetzen würde, wenn sie nicht festgenommen würde. Die Behörden lehnten wiederholt den Antrag aller drei Frauen auf Freilassung gegen Kaution ab und entließen lediglich Tantawan Tuatulanon in 30 Tage Hausarrest, nachdem sich ihr Gesundheitszustand aufgrund eines Hungerstreiks verschlechtert hatte.

Seit dem Beginn der überwiegend friedlichen Demokratieproteste im Juli 2020 gehen die thailändischen Behörden in großem Umfang gegen friedliche Proteste und Online-Diskussionen vor. Sie nutzen vage formulierte gesetzliche Bestimmungen – zur Sicherheit, zur Monarchie und zu Computerkriminalität – als Repressionsinstrumente und interpretieren die friedliche Ausübung von Rechten als Bedrohung der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung oder als Beleidigung der Monarchie. Sie leiten Strafverfahren gegen Aktivist*innen ein, die bis zu lebenslange Haftstrafen nach sich ziehen können.

Bekannte Demonstrierende werden darüber hinaus monatelang willkürlich in Untersuchungshaft genommen, wodurch ihr Recht auf Bildung und Zugang zum Lebensunterhalt häufig beeinträchtigt wird. Gegenwärtig unterliegen sie zunehmend restriktiven Kautionsbedingungen, die ihre Menschenrechte auf Freizügigkeit, freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung stark einschränken. So müssen sie sich täglich bis zu 24 Stunden an ihrem Wohnort aufhalten, den sie nur für eine medizinische Behandlung verlassen dürfen, und rund um die Uhr elektronische Überwachungsarmbänder tragen.

Im Jahr 2022 haben die thailändischen Behörden wegen des friedlichen Engagements in der Öffentlichkeit Strafverfahren gegen Demonstrierende eingeleitet. Die Behörden gehen weiterhin verstärkt gegen Personen vor, die sich an vermeintlich abweichenden Meinungsäußerungen in der Öffentlichkeit beteiligen, darunter auch Minderjährige. Sie verschärfen die Maßnahmen zur Unterdrückung dieser öffentlichen Äußerungen und friedlicher Proteste und schränken das Recht der Menschen auf friedlichen Protest und Meinungsäußerung übermäßig ein.

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