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© Nina Rossová / Diera do sveta

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Slowakei: Frauenrechte in Gefahr

24. November 2020

Update:

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Am 20. Oktober wies das slowakische Parlament einen Gesetzentwurf zurück, der den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen weiter einschränken sollte. Die geplanten Maßnahmen hätten die Gesundheit von schwangeren Personen gefährdet und gegen die Menschenrechte der Betroffenen verstoßen.

 

Slowakische Parlamentsabgeordnete diskutieren einen Gesetzentwurf, der den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen weiter einschränken soll. Die geplanten Maßnahmen gefährden die Gesundheit von Frauen und Mädchen und verstoßen gegen die Menschenrechte der Betroffenen. Wird die Gesetzesvorlage verabschiedet, würde dies die Möglichkeit legaler Schwangerschaftsabbrüche in der Slowakei stark gefährden und das Thema noch weiter stigmatisieren. Das Parlament muss den Gesetzentwurf ablehnen.

Sachlage

In der Slowakei wird erneut über eine Gesetzesvorlage debattiert, die den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen weiter einschränken würde. Einige der in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen sind nicht medizinisch begründet, wie z. B. die Verlängerung der vorgeschriebenen Warte- und Beantragungsfrist, bevor ein Schwangerschaftsabbruch in Anspruch genommen werden kann, und das Einfordern von Gründen für den Abbruch. Darüber hinaus soll bei einem Schwangerschaftsabbruch aus Gesundheitsgründen in Zukunft eine zweite medizinische Meinung erforderlich werden. Diese Maßnahmen richten sich gegen die Gesundheit und das Wohlergehen der Betroffenen, indem der Zugang zu zeitnahen legalen Schwangerschaftsabbrüchen eingeschränkt wird. Zudem stellen sie einen Verstoß gegen die Menschenrechte dar.

Mit dem Gesetz soll auch vermeintliche "Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche verboten werden. Dieses Verbot soll auf medizinische Dienstleister*innen abschreckend wirken, damit diese keine Informationen mehr zum Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit bereitstellen. Der Gesetzentwurf beeinträchtigt die Gesundheit und die Rechte von Frauen und Mädchen und verstoßt überdies gegen die internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen der Slowakei, denen zufolge die Rechte auf Gesundheit, Privatsphäre, Informationsfreiheit und Freiheit von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung geachtet und geschützt werden müssen. Die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung beim Zugang zu Rechten sind ebenfalls zu gewährleisten. Darüber hinaus läuft die Gesetzesvorlage den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation und bewährten klinischen Verfahren zuwider.

Amnesty International und mehr als 100 weitere internationale Organisationen haben einen offenen Brief unterzeichnet, der am 7. September an slowakische Parlamentsabgeordnete gesendet wurde und in dem die Befürchtungen über den neuen Gesetzentwurf dargelegt und analysiert werden: https://www.amnesty.org/en/documents/eur72/3021/2020/en/.

Gemäß internationaler Menschenrechtsnormen und -standards sollten alle Menschen selbst über ihren Körper bestimmen können. Alle sollten Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsleistungen haben, so auch zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen. 

Hintergrundinfo

Der Gesetzentwurf zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 576/2004 GBl. über die Gesundheitsversorgung, mit der Gesundheitsversorgung zusammenhängende Dienstleistungen sowie zur Änderung und Ergänzung einiger Gesetze, in geänderter Fassung (Druck Nr. 154, 19.06.2020) wurde dem slowakischen Parlament (Nationalrat) im Juli 2020 von OLANO ("Gewöhnliche Leute und unabhängige Personen"), der größten Partei der Regierungskoalition, vorgelegt.

Die Gesetzesvorlage wurde im August in erster Lesung verabschiedet und im September drei verschiedenen Ausschüssen zur Debatte vorgelegt. Am 9. September stellte sich der Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten hinter den Gesetzentwurf und empfahl dem Parlament, ihn anzunehmen. Der Ausschuss für soziale Angelegenheiten und der Ausschuss für Gesundheit werden sich voraussichtlich in den nächsten Tagen äußern. Man geht davon aus, dass die zweite Lesung in der Plenarsitzung stattfinden soll, die am 16. September beginnt. Wenn die Abgeordneten den Gesetzentwurf annehmen, findet eine dritte und letzte Abstimmung statt.

In der Slowakei sind Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Schwangerschaftswoche erlaubt. In den vergangenen Jahren sind jedoch Gesetze und Maßnahmen eingeführt worden, die den Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb dieser Frist erschweren. Am 18. Oktober 2019 stellte der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte fest, dass Frauen in der Slowakei bereits jetzt zahlreiche Hürden überwinden müssen, um sexuelle und reproduktive Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen zu können, darunter sichere Schwangerschaftsabbrüche und Verhütungsmittel. Mit diesem neuen Gesetzentwurf werden zusätzliche Hürden zur Gesundheitsversorgung errichtet. Dies betrifft insbesondere Frauen und Mädchen, die aus ländlichen Gegenden stammen, in Armut leben oder von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind.

Nicht zum ersten Mal diskutiert das slowakische Parlament über Gesetze, um den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen einzuschränken. Im November 2019 wurde eine Gesetzesvorlage eingebracht, die vorsah, dass sich diejenigen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen, einer obligatorischen Ultraschalluntersuchung unterziehen müssen, bei der eine Aufnahme des Embryos beziehungsweise Fötus gemacht wird. Sie wären dann gezwungen, sich dieses Ultraschallbild anzusehen. Diese Maßnahme war nicht medizinisch begründet und hätte gegen die Rechte auf Privatsphäre, persönliche Integrität und Selbstbestimmung bei gesundheitlichen Entscheidungen verstoßen. Der Gesetzentwurf löste national und international Empörung aus und wurde daher nicht verabschiedet.

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