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Simbabwe: Joana Mamombe, Cecilia Chimbiri und Netsai Marova droht Gefängnis

14. Juli 2020

Update Juli 2020: Vielen Dank für deine großartige Unterstützung! Zu den drei Aktivistinnen gibt es eine neue Urgent Action. Bitte hier entlang.

Am 13. Mai 2020 wurden drei oppositionelle Aktivistinnen der MDC Alliance an einer Polizeisperre in Harare festgenommen. Der Grund: Sie hatten einen regierungskritischen Protest gegen die behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie und die sich dadurch verbreitende Hungersnot im Land angeführt. Noch am selben Tag „verschwanden“ die drei Frauen aus dem Polizeigewahrsam. Während ihrer Entführung waren sie sexuellen Übergriffen und Folter ausgesetzt. Zwei Tage später wurden sie in der 87 km nordöstlich von Harare gelegenen Stadt Bindura gefunden. Seither sind sie im Krankenhaus. Bisher wurden keine Ermittlungen zu ihren Vorwürfen eingeleitet. Am 26. Mai erhob die Polizei Anklage gegen die Aktivistinnen.

Amnesty fordert

  • Lassen Sie bitte umgehend alle Anklagen gegen Joana Mamombe, Cecilia Chimbiri und Netsai Marova fallen und stellen Sie die Schikanen gegen die drei Frauen ein.
  • Veranlassen Sie bitte unverzüglich die Einleitung einer unabhängigen und zielführenden Untersuchung zu dem Verschwinden der Aktivistinnen aus dem Polizeigewahrsam und zu der Folter und den sexuellen Übergriffen, die sie erlitten haben.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die strafrechtlich für die gesetzwidrige Behandlung der drei Aktivistinnen verantwortlichen Personen in fairen Verfahren zur Rechenschaft gezogen werden.

Sachlage

Nach ihrer Festnahme am 13. Mai 2020 wurden drei Aktivistinnen der MDC Alliance (Movement for Democratic Change Alliance) – die Parlamentsabgeordnete Joana Mamombe, Cecilia Chimbiri und Netsai Marova – zur Harare Central Police Station gebracht. Dort mussten sie in ein anderes Fahrzeug umsteigen, das sie zur Warren Park Police fahren sollte. Von diesem Zeitpunkt an waren die Frauen für zwei Tage verschwunden. Die Aktivistinnen brachten später glaubhafte Vorwürfe vor, dass sie in dieser Zeit Folter und sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren. Am 15. Mai 2020 wurden sie in der Provinzhauptstadt Bindura gefunden. In einer Presseerklärung vom 18. Mai 2020 teilte die Menschenrechtskommission Simbabwes mit, die drei Frauen seien ihrer Rechte beraubt und entführt und gefoltert worden.
Von Behördenseite heißt es, die Entführung der Aktivistinnen habe nicht stattgefunden, die Geschichte sei erfunden. Ermittlungen zu dem Verschwinden der drei Frauen aus dem Polizeigewahrsam und der anschließenden Misshandlungen wurden nicht eingeleitet. Stattdessen erhoben die Behörden am 26. Mai 2020 Anklage gegen die drei Oppositionellen, stationierten Gefängniswachpersonal und Polizeikräfte in dem Krankenhaus, das sie behandelt, und zwangen sie, trotz Freilassung auf Kaution, Gefängniskleidung zu tragen.

Hintergrundinfo

Joana Mamombe (Abgeordnete der MDC Alliance für Harare West), Cecilia Chimbiri (stellvertretende Vorsitzende der nationalen Jugendvertretung der MDC(A)) und Netsai Marova (stellvertretende Organisationssekretärin der Jugendvertretung der MDC(A)) wurden am 13. Mai 2020 inhaftiert, weil sie am selben Tag einen regierungskritischen Protest anführten, der die Maßnahmen staatlicher Behörden gegen die COVID-19-Pandemie und die dadurch verschärfte Hungersnot im Land thematisierte. Sie wurden an einer mit Polizeikräften und Soldat*innen besetzten Straßensperre auf der Bulawayo Road in der Nähe von Warren Park in Harare festgenommen.
Anschließend brachten die Sicherheitskräfte die drei Frauen zur Harare Central Police Station, wo sie in ein zweites Fahrzeug umsteigen mussten, das sie angeblich zu einer anderen Polizeistation, der Warren Park Police Station, bringen sollte. Nachdem ihnen nach eigenen Angaben Säcke über den Kopf gestülpt worden waren, fuhr man sie zu einem unbekannten Ort und schlug sie dort auf die Fußsohlen und zwang sie, menschliche Exkremente zu essen. Außerdem kam es zu sexuellen Übergriffen. Die staatliche Tageszeitung The Herald berichtete am 14. Mai 2020 von der Inhaftierung der drei Aktivistinnen. Der Polizeisprecher Simbabwes, Assistant Commissioner Paul Nyathi, bestätigte die Festnahme, konnte aber nicht sagen, in welcher Einrichtung sich die drei Frauen befanden. Am selben Tag noch bestritt die Polizei über ihren offiziellen Twitter-Kanal, die Aktivistinnen in ihrem Gewahrsam zu haben.
In den frühen Morgenstunden des 15. Mai 2020 wurden die drei Frauen dann in der 87 km von Harare entfernten Stadt Bindura gefunden, mit zerrissener Kleidung und in schlechter körperlicher Verfassung. Seither befinden sich die drei Oppositionellen im Krankenhaus. Einige Regierungsangehörige – darunter der Justizminister, der Staatssekretär im Ministerium für Medien, Information und Rundfunk – wollten von dem Verschwinden der drei Aktivistinnen nichts wissen und behaupteten, es handelte sich um eine Inszenierung der Opposition. Der Justizminister forderte sogar ihre Verhaftung.
Am 26. Mai 2020 wurden die drei Aktivistinnen angeklagt. Bei der Anklage geht es um zwei unterschiedliche Verstöße: zum einen gegen Abschnitt 37 des Strafgesetzbuchs, der Versammlungen mit dem Vorsatz der Anstiftung zu Gewalt und Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer Geldstrafe oder beidem belegt; zum anderen gegen Abschnitt 5(1) und 5(3) der Rechtsverordnung 99/20, der Versammlungen verbietet und mit einem Jahr Haft oder einer Geldstrafe oder beidem ahndet. Der zuständige Richter ließ die Sache im Krankenhaus verhandeln. Er legte eine Kaution von 1.000 Simbabwe-Dollar fest und erteilte den drei Aktivistinnen die Auflage, sich einmal wöchentlich in der Harare Central Police Station zu melden, sich an ihren registrierten Wohnadressen aufzuhalten und bis zum Abschluss des Falls jeglichen Kontakt mit den Zeug*innen der Anklage zu unterlassen. Seit der Anhörung am 27. Mai stehen neun Gefängniswärter und vier Polizeibeamte auf der Krankenstation der drei Frauen Wache.
Am 4. Juni veröffentlichte der Innenminister eine Stellungnahme, in der er die drei Aktivistinnen bezichtigte, die Entführung inszeniert zu haben und sich Vorteile, wie z. B. Stipendien für die USA, erschleichen zu wollen.  Auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die den drei Frauen zu medizinischer Versorgung, einschließlich Vermittlung der zwei untersuchenden Ärzt*innen, verhalfen, wurden von Behördenseite angefeindet.

In Simbabwe gilt momentan wegen COVID-19 ein landesweiter Lockdown. Die Regierung war bisher nicht in der Lage, die Bevölkerung angemessen vor den Auswirkungen dieser Maßnahme zu schützen, sodass viele Menschen verarmt sind und Hunger leiden. Das Welternährungsprogramm WFP hat die internationale Gemeinschaft um Unterstützung gebeten, um zu verhindern, dass zukünftig weitere Millionen Simbabwer*innen Hunger leiden. WFP schätzt die Zahl der von Ernährungsunsicherheit betroffenen Menschen in Simbabwe auf 7,7 Millionen, was mehr als der Hälfte der Bevölkerung entspricht. Die COVID-19-Krise hat die Situation vieler Personen derart verschärft, dass sie nicht mehr in der Lage sind, sich mit grundlegenden Lebensmitteln zu versorgen.

Die von Joana Mamombe, Cecilia Chimbiri und Netsai Marova angeführte Demonstration fand in einem Klima zunehmender politischer Spannungen statt. Auslöser dieser Spannungen war ein Urteil des Obersten Gerichtshofs, das die größte Oppositionspartei in einen Machtkampf stürzte. Durch besagtes Urteil wurde der Oppositionsführer Nelson Chamisa abgesetzt und die Partei zur Wahl einer neuen Führung aufgefordert. Diese Entscheidung wird von vielen als Versuch gewertet, der Oppositionspartei eine Führung aufzuzwingen. Es gibt Vorwürfe politischer Einflussnahme auf die Justiz, denen zufolge die Regierungspartei ZANU PF hinter diesem Urteil stecken soll. MDC-Alliance-Abgeordnete haben damit gedroht, die Zusammenarbeit mit dem Parlament aufzulösen, um auf diese Weise gegen die Einmischung der ZANU PF in die inneren Angelegenheiten der Oppositionspartei zu protestieren.

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