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In Geheimverfahren zu 20 Jahren Haft verurteilt

Setz dich ein!

Gulshan Abbas - in Geheimverfahren zu 20 Jahren Haft verurteilt

12. Jänner 2021

Update März 2021:

Diese Urgent Action ist abgelaufen. Vielen Dank für deinen Einsatz!

 

Update 12.1.2021:

Im März 2019 wurde die ehemalige Ärztin Gulshan Abbas in einem Geheimverfahren zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Ihre Familienmitglieder erfuhren erst im Dezember 2020 – 21 Monate später – aus einer vertrauenswürdigen Quelle von ihrer Verurteilung. Sie vermuten, dass die lange Haftstrafe gegen Gulshan Abbas im Zusammenhang mit dem Aktivismus für Uigur*innen ihrer in den USA lebenden Verwandten steht. Gulshan Abbas leidet an mehreren chronischen Erkrankungen und muss deswegen regelmäßig untersucht und behandelt werden. Es besteht große Sorge um ihre Gesundheit und ihre Sicherheit, da sie bereits seit über zwei Jahren keinen Kontakt zu ihrer Familie hat.

Amnesty fordertE

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Gulshan Abbas umgehend und bedingungslos freigelassen wird, es sei denn, es liegen ausreichende und glaubwürdige Beweise vor, nach denen sie eine international anerkannte Straftat begangen hat, und sie erhält einen Prozess, der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht.
  • Geben Sie bitte unverzüglich den Aufenthaltsort von Gulshan Abbas bekannt und sorgen Sie dafür, dass sie bis zu ihrer Freilassung Zugang zu ihrer Familie und Rechtsbeiständen ihrer Wahl sowie unverzüglich eine angemessene medizinische Versorgung erhält. Stellen Sie bitte außerdem sicher, dass sie vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird.

Sachlage

Gulshan Abbas (古丽先.阿巴斯) ist eine pensionierte uigurische Ärztin, die in einem Geheimverfahren im März 2019 wegen "Beteiligung an organisiertem Terrorismus, Mithilfe bei terroristischen Aktivitäten und schwerwiegender Störung der sozialen Ordnung" zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Ihre Familie erfuhr erst 21 Monate später, im Dezember 2020, von ihrer Verurteilung. Die chinesischen Behörden haben das Urteil inzwischen bestätigt.

Seit ihrem Verschwinden am 10. September 2018 hat die Familie von Gulshan Abbas von offizieller Seite keine Informationen über ihren Verbleib oder ihren Gesundheitszustand erhalten. Ihre Familienmitglieder glauben aber, dass Gulshan Abbas vor ihrer Inhaftierung in eine sogenannte "Einrichtung für Transformation durch Erziehung" gebracht worden war.

Obwohl keine konkreten Beweismittel gegen Gulshan Abbas veröffentlicht wurden, geht ihre Familie davon aus, dass die lange Haftstrafe mit dem pro-uigurischen Aktivismus ihrer im Ausland lebenden Schwester zusammenhängt. Dies wäre ein Beispiel einer kollektiven Bestrafung, die die chinesischen Behörden immer wieder anwenden und die darauf abzielt, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen einzuschränken.

Gulshan Abbas wurde an beiden Augen operiert und leidet an einer Reihe chronischer Krankheiten wie Bluthochdruck, Rückenschmerzen und starker Migräne. Aus diesem Grund ist es äußerst wichtig, dass sie regelmäßig die notwendige medizinische Versorgung erhält.

Hintergrundinfo

Gulshan Abbas ist eine Ärztin, die vor ihrer Pensionierung im Oil Field Company MingYuan Workers-Krankenhaus in Ürümqi, der Hauptstadt der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang, in der Volksrepublik China, arbeitete. Aus gesundheitlichen Gründen ging sie vorzeitig in den Ruhestand.

Rushan Abbas, ihre Schwester, lebt in den USA und setzt sich für die Belange der Uigur*innen ein. Die Aktivistin glaubt, das Verschwinden von Gulshan Abbas am 10. September 2018 hänge mit einer nur wenige Tage zuvor von ihr gehaltenen Rede über Massenfestnahmen von Uigur*innen in Xinjiang zusammen. Nach diesem Auftritt wurde Rushan Abbas von offiziellen chinesischen Medien angefeindet. Die Zeitung Global Times zum Beispiel beschuldigte sie, eine "Separatistin" zu sein und Gerüchte über die Festnahme von Uiguer*innen in Xinjiang zu verbreiten. Es wäre nicht das erste Mal, dass Angehörige von Aktivist*innen ins Fadenkreuz geraten: Amnesty International hat bereits mehrere Fälle von Schikanierung und Einschüchterung im Ausland lebender Uigur*innen dokumentiert.

Xinjiang gehört zu ethnisch vielfältigsten Regionen Chinas. Mehr als die Hälfte der 22 Millionen Einwohner*innen der Region gehören überwiegend turksprachigen und meist muslimischen ethnischen Gruppen an, darunter Uigur*innen (rund 11,3 Millionen), Kasach*innen (rund 1,6 Millionen) und andere Bevölkerungsgruppen, deren Sprache, Kultur und Lebensweise sich deutlich von denen der Han-Chines*innen unterscheiden, die im "inneren" Chinas die Bevölkerungsmehrheit bilden.

Im März 2017 erließ die Autonome Region Xinjiang eine Verordnung zur "Entradikalisierung", die ein breites Spektrum an Handlungen beschreibt und diese als "extremistisch" verbietet. Dazu zählen unter anderem "Verbreitung von extremistischem Gedankengut", die Verunglimpfung von staatlichen Radio- oder Fernsehsendern und die Verweigerung, diese zu konsumieren sowie das Tragen von Burkas oder "ungewöhnlichen" Bärten. Darüber hinaus zählen Widerstand gegen nationale Politik sowie das Publizieren, Herunterladen, Aufbewahren und Lesen von Artikeln oder Publikationen und audiovisuellen Beiträgen mit "extremistischem Inhalt" zur Liste dieser "extremistischen" Handlungen. Aufgrund der Verordnung wurde zudem ein "Zuständigkeitssystem" eingerichtet, mit dem die "Antiextremismus-Arbeit" der Regierung in verschiedene Bereiche eingeteilt und jährlich überprüft wird.

Es werden schätzungsweise eine Million Uigur*innen, Kasach*innen und Angehörige anderer mehrheitlich muslimischer Bevölkerungsgruppen in sogenannten Einrichtungen für "Transformation durch Erziehung" festgehalten. Die chinesischen Behörden bestritten bis Oktober 2018 die Existenz dieser "Umerziehungseinrichtungen". Danach erklärten sie, die Menschen seien freiwillig in diesen Lagern und würden eine Berufsausbildung erhalten. Ziel dieser Einrichtungen sei es, den Menschen eine technische und berufliche Ausbildung zu bieten und ihnen zu ermöglichen, eine Arbeit zu finden und sich zu "nützlichen" Bürger*innen zu entwickeln. Im Widerspruch zu diesen Erläuterungen stehen allerdings die Berichte von ehemaligen Insass*innen dieser Lager, die Schläge, Nahrungsentzug und Isolationshaft beschreiben.

China ist bisher den Aufforderungen der internationalen Gemeinschaft und auch Amnesty Internationals nicht nachgekommen, unabhängige Expert*innen uneingeschränkt nach Xinjiang einreisen zu lassen. Stattdessen versucht die chinesische Regierung, kritische Stimmen zu unterdrücken, indem sie sorgfältig ausgewählte Delegationen aus verschiedenen Ländern zu streng durchgeplanten und überwachten Besuchen nach Xinjiang einlädt.

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