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Amal Fathy weiter in Haft!

16. August 2018

Zurzeit laufen zwei Strafverfahren gegen die Menschenrechtsverteidigerin Amal Fathy. Am 11. August vertagte das Gericht für mindere Straftaten in Maadi die Verhandlung in einem der beiden Fälle auf den 8. September, während die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit im zweiten Verfahren, das gegen Amal Fathy anhängig ist, eine weitere Verlängerung der Untersuchungshaft anordnete.

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie Amal Fathy umgehend und bedingungslos frei, da sie eine gewaltlose politische Gefangene ist, die sich nur deshalb in Haft befindet, weil sie friedlich ihre Meinung geäußert hat.
  • Erkennen Sie bitte die Rechtmäßigkeit der Arbeit von Menschenrechtsverteidiger_innen wie Amal Fathy an, insbesondere ihr Recht, ihre Aktivitäten uneingeschränkt und ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen ausüben zu können, wie es in der UN-Erklärung über Menschenrechtsverteidiger_innen von 1998 festgeschrieben ist.

Sachlage

Am 11. August vertagte das Gericht für mindere Straftaten in Maadi die Verhandlung in einem der beiden gegen Amal Fathy anhängigen Verfahren auf den 8. September. In diesem Fall werden der ägyptischen Menschenrechtsverteidigerin die „Verbreitung falscher Nachrichten“, der „Besitz von anstößigem Material“ sowie die „Verwendung beleidigender Sprache“ vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen Amal Fathy nicht nur eine Geldbuße, sondern auch eine Haftstrafe. Nach Überprüfung der eingelegten Rechtsmittel hatte das Strafgericht von Südkairo am 21. Juni das Urteil vom 19. Juni bestätigt, Amal Fathy gegen Kaution freizulassen. Amal Fathy blieb jedoch wegen eines zweiten Strafverfahrens in Untersuchungshaft.

Diese wurde von der Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit am 13. August um weitere 15 Tage verlängert. In diesem zweiten Fall ermittelt der zuständige Staatsanwalt wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppe“, „Nutzung einer Website, um Ideen zu verbreiten, die zu Terrorakten aufrufen“ und „Verbreitung von Falschinformationen“ gegen Amal Fathy. Al-Youm Al-Sabe, eine der größten privaten und regierungsfreundlichen Zeitungen Ägyptens, hatte bereits am Morgen des 13. August in einem Artikel die Entscheidung der Staatsanwaltschaft bekanntgegeben, die Haft für Amal Fathy zu verlängern – und zwar schon, bevor die Anhörung dazu überhaupt stattgefunden hatte.

Amal Fathy wurde am 11. Mai von der Polizei festgenommen, nachdem sie am 9. Mai ein Video auf ihrer Facebook-Seite eingestellt hatte, in dem sie die von ihr erlebte sexualisierte Belästigung thematisierte, die Dringlichkeit dieses Problems in Ägypten betonte und die Regierung kritisierte, weil sie die Frauen in Ägypten nicht davor schützt. Zudem kritisierte sie das scharfe Vorgehen der Regierung gegen die Menschenrechte sowie die sozioökonomischen Bedingungen und die Missstände im öffentlichen Dienstleistungssektor. Amnesty International betrachtet Amal Fathy als gewaltlose politische Gefangene.

Hintergrundinformation

Amal Fathy ist eine ägyptische Aktivistin, die insbesondere auf Fälle von Personen aufmerksam macht, die wegen ihrer Beteiligung an Protesten oder wegen ihrer Aktivitäten in den Sozialen Medien inhaftiert sind. Sie prangert Menschenrechtsverletzungen in Ägypten an, insbesondere die willkürliche Inhaftierung von Aktivist_innen. Sie ist mit Mohamed Lotfy, einem ehemaligen Amnesty-International-Mitarbeiter und derzeitigen Direktor der NGO ECRF (Egyptian Commission for Rights and Freedoms), verheiratet.

Nachdem Amal Fathy am 9. Mai ein regierungskritisches Video auf ihrer Facebook-Seite eingestellt hatte, durchsuchte die Polizei am 11. Mai gegen 2:30 Uhr ihre Wohnung und inhaftierte sie in der Polizeiwache Maadi in Kairo zusammen mit ihrem Ehemann Mohamed Lotfy und ihrem dreijährigen Kind. Mann und Kind wurden nach drei Stunden wieder freigelassen.

Am 11. Mai prüfte die Staatsanwaltschaft Maadi Amal Fathys Fall und ordnete 15 Tage Haft für die Dauer der Ermittlungen zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen an – unter anderem „Veröffentlichung eines Videos, das Falschinformationen enthält, die den öffentlichen Frieden beeinträchtigen könnten”. Am folgenden Tag verhörte die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit sie in einem weiteren Fall zu ihrer angeblichen Verbindung zur Jugendbewegung 6. April, eine Bewegung junger Aktivist_innen, die 2011 wesentlich an den Protesten zur Absetzung von Hosni Mubarak beteiligt war. Für die Dauer der Ermittlungen wegen Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppe ordnete sie weitere 15 Tage Untersuchungshaft an.

Internet-Trolle kopierten das Video und Fotos von Amal Fathy von ihren Sozialen Medien-Seiten und posteten sie auf Facebook und Twitter zusammen mit geschlechtsspezifischen Beschimpfungen und der Forderung nach ihrer Festnahme. Mehrere regierungsfreundliche und staatliche Medien veröffentlichten anschließend Artikel über das Video und behaupteten fälschlich, dass sie eine Aktivistin der Jugendbewegung 6. April sei und bei der ECRF arbeite. Darüber hinaus schrieben sie, dass sie mit dem Direktor der ECRF verheiratet sei und verstießen damit gegen ihr Recht auf Privatsphäre.

Zurzeit laufen zwei Strafverfahren gegen Amal Fathy. Sie sind exemplarisch für die vor kurzem erfolgten Festnahmen, die die ägyptischen Behörden gegen Aktivist_innen, Journalist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und sogar Nutzer_innen der Sozialen Medien veranlasst hatten und die im Zusammenhang mit strafbaren Meinungsäußerungen stehen. Im ersten Verfahren, das von der Staatsanwaltschaft für minderschwere Vergehen in Maadi eingeleitet wurde, geht es um die Vorwürfe „Verbreitung eines Videos in den Sozialen Medien, um öffentlich zum Sturz der Regierung anzustiften“, „Veröffentlichung eines Videos, das falsche Informationen enthält, die den öffentlichen Frieden stören könnten“ und „Missbrauch von Telekommunikationswerkzeugen“. Das zweite Strafverfahren, bei der ihr „Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppe“, „Nutzung einer Website, um Ideen zu verbreiten, die zu Terrorakten aufrufen“ und „absichtliche Verbreitung von Falschinformationen, die der öffentlichen Sicherheit und dem öffentlichen Interesse schaden könnten“ vorgeworfen werden, hat die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft legte keinerlei Beweise vor und verließ sich stattdessen völlig auf den Bericht des Geheimdienstes, den die Rechtsbeistände nicht durchsehen durften. Neben Amal Fathy werden mindestens vier weitere Personen strafrechtlich verfolgt, darunter ein Video-Produzent, ein ehemaliger Politiker der liberalen Partei Dostour, ein Blogger und ein Mitglied der Jugendbewegung 6. April. Seit 2013 gehen die ägyptischen Behörden mit Festnahmen und anderen Maßnahmen gegen die Führung der Jugendbewegung 6. April vor.

Update:

Dieser Appell ist abgelaufen. Vielen Dank allen, die sich für Amal Fathy eingesetzt haben!

Am 27. Dezember 2018 wurde Amal Fathy auf Bewährung freigelassen. Sie muss wöchentlich eine Stunde auf einer Polizeistation verbringen und hat sich an ihrem Wohnort aufzuhalten - mit Ausnahme von Arztbesuchen, Krankenhausaufenthalten oder dergleichen.