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Ägypten: Hoda Abdelmoniem an unbekanntem Haftort festgehalten

22. Jänner 2019

Die Menschenrechtsanwältin Hoda Abdelmoniem erschien am 15. Januar vor der ägyptischen Staatsanwaltschaft, wo ihre Untersuchungshaft um 15 Tage verlängert wurde. Sie sagte ihrer Tochter, dass sie nicht wisse, wo sie festgehalten wird.

Sachlage

Am 15. Januar erschien die Menschenrechtsanwältin Hoda Abdelmoniem vor der Staatsanwaltschaft und ihre Untersuchungshaft wurde um 15 Tage verlängert. Sie sagte ihrer Tochter, dass sie ihren Haftort nicht kenne, da sie nach dem Besuch bei der Staatsanwaltschaft von den Sicherheitskräften mit verbundenen Augen an einen unbekannten Ort gebracht worden sei.

Zuletzt war Hoda Abdelmoniem am 21. November 2018 vor der Staatsanwaltschaft erschienen, nachdem ihr Verbleib 20 Tage lang unbekannt gewesen war. Am 22. November durften ihre Familienangehörigen sich mit ihr treffen und berichteten, dass sie noch dieselbe Kleidung trug wie vor ihrem Verschwindenlassen und dass sie Angst hatte, am ganzen Körper zitterte und nicht über die Geschehnisse sprechen wollte. Daraufhin wurde sie zur Staatssicherheit gebracht. Am 24. und 28. November fanden weitere Treffen zwischen Hoda Abdelmoniem und ihrer Familie statt. Vom 2. Dezember bis zum 14. Januar wussten ihre Angehörigen jedoch nichts über ihr Schicksal und ihren Verbleib. Erst am 14. Januar wurde der Familie mitgeteilt, dass Hoda Abdelmoniem am 15. Januar erneut vor der Staatsanwaltschaft erscheinen werde.

Die Tochter von Hoda Abdelmoniem gab an, ihre Mutter habe bei diesem Termin abgemagert ausgesehen, was auf die unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln und die schlechte Qualität des Essens zurückzuführen ist.

Hintergrundinformation

Am 1. November drangen Sicherheitskräfte unbefugt in die Wohnung der Menschenrechtsanwältin ein und durchwühlten sie. Danach verbanden sie Hoda Abdelmoniem die Augen und fuhren gemeinsam mit ihr zum Haus ihrer Mutter. Während die Sicherheitskräfte auch das Haus ihrer Mutter durchsuchten, ließen sie Hoda Abdelmoniem mit verbundenen Augen im Polizeiauto zurück. Anschließend wurde sie an einen geheimen Ort gebracht. Ihre Tochter war Zeugin der Festnahme.

Die Männer wiesen sich gegenüber der Tochter von Hoda Abdelmoniem als Kräfte der Staatssicherheit aus. Sie legten ihr jedoch keinen Haftbefehl vor und verweigerten ihr jegliche Auskunft über die Gründe für die Festnahme oder den Zielaufenthaltsort ihrer Mutter. Sie gestatteten Hoda Abdelmoniem nicht, ihre Medikamente oder andere persönliche Gegenstände mitzunehmen. Die Anwältin leidet an einem Blutgerinnsel im Bein und hohem Blutdruck. Ihre Rechtsbeistände fragten in verschiedenen Polizeistationen nach ihrem Schicksal und ihrem Verbleib. Die Behörden gaben jedoch an, nichts über die Festnahme oder den Verbleib von Hoda Abdelmoniem zu wissen. Amnesty International geht davon aus, dass die Menschenrechtsanwältin Opfer des Verschwindenlassens geworden ist.

Die 60-Jährige engagiert sich ehrenamtlich als Rechtsberaterin bei der bekannten Menschenrechtsorganisation Egyptian Coordination for Rights and Freedom (ECRF). Sie hat in den vergangenen fünf Jahren Menschenrechtsverletzungen im Land dokumentiert, darunter auch Fälle des Verschwindenlassens. Desweiteren ist sie Anwältin am ägyptischen Kassationsgericht und am höchsten Verfassungsgericht, ehemaliges Mitglied des nationalen Menschenrechtsrats und der Anwaltskammer von Ägypten. Als Grund für ihre Festnahme vermutet Amnesty International ihren Menschenrechtsaktivismus sowie die Tatsache, dass sie an mehreren Menschenrechtsfällen beteiligt ist.

Das Vorgehen der Behörden gegen Hoda Abdelmoniem ist Teil einer neuen Welle von Festnahmen seit dem 1.°November. Die Behörden gehen damit gegen bekannte Menschenrechtsaktivist_innen und Anwält_innen vor, unter ihnen auch Mohamed Abu Horaira, der ehemalige Sprecher der Organisation ECRF.

Im Jahr 2013 wurde Hoda Abdelmoniem ein Auslandsreiseverbot auferlegt. Im Vorfeld war sie weder angeklagt worden noch waren strafrechtliche Ermittlungen gegen sie anhängig. Am 1. November, dem Tag ihrer Festnahme, begannen die ägyptischen Behörden eine Serie von Durchsuchungen und nahmen mindestens 31°Menschenrechtsaktivist_innen fest – zehn Frauen und 21 Männer.

Die Organisation ECRF, die das Verschwindenlassen von Personen und die zunehmende Anwendung der Todesstrafe dokumentiert sowie Opfern von Menschenrechtsverletzungen Rechtshilfe leistet, ist vom harten Vorgehen der Behörden besonders betroffen, da viele ihrer Mitglieder festgenommen wurden. Am 1. November wurde Mohamed Abu Horaira, Anwalt und ehemaliger Sprecher des ECRF, in Haft genommen. Seit dem 14.°September sind der Menschenrechtsverteidiger und Mitbegründer von ECRF, Ezzat Ghoneim, und Azzouz Mahgoub, einer der Anwälte der Organisation, verschwunden. Sowohl Ezzat Ghoneim als auch Azzouz Mahgoub waren im März festgenommen worden, aber ein Gericht hatte am 4. September ihre Freilassung angeordnet. Als ihre Familien sie am 14. September besuchen wollten, trafen sie die beiden nicht an, sondern erhielten von den Sicherheitskräften die Nachricht, dass sie bereits freigelassen worden seien. Die Familien und Anwält_innen sagten Amnesty International jedoch, dass sie nichts über das Schicksal oder den Verbleib der beiden Männer wüssten. Amnesty International geht davon aus, dass sowohl Ezzat Ghoniem als auch Azzoz Mahgoub Opfer des Verschwindenlassens geworden sind und Gefahr laufen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt zu werden.

In einer am 1. November veröffentlichten Erklärung kündigte die ECRF die Aussetzung ihrer Menschenrechtsarbeit an und bezeichnete die derzeitige Situation in Ägypten als unvereinbar mit der Menschenrechtsarbeit. Sie forderte darin auch den UN-Menschenrechtsrat auf, einzuschreiten. Amnesty International hat den UN-Menschenrechtsrat wiederholt aufgefordert, sich zur Menschenrechtskrise in Ägypten zu äußern. Das jüngste Durchgreifen der ägyptischen Behörden gegen Dissident_innen begann im Dezember 2017 vor den Präsidentschaftswahlen. Amnesty International hat 111 Fälle dokumentiert, in denen Personen von Sicherheitskräften willkürlich festgenommen und inhaftiert wurden, nur weil sie friedlich kritische Meinungen über die Behörden geäußert oder zur Veranstaltung und Teilnahme an Protesten aufgerufen haben. Mindestens 70 von ihnen sind noch immer inhaftiert. Sie sehen sich Anklagen gegenüber, die Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren nach sich ziehen könnten.

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