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© Lebanese Army handout

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Syrer*innen, die einen Bootsuntergang überlebten, sollen deportiert worden sein

19. Jänner 2023

Fast 200 syrische Geflüchtete, die in der Silvesternacht von einem sinkenden Boot vor der libanesischen Küste gerettet worden waren, wurden unrechtmäßig abgeschoben und den syrischen Behörden übergeben.

Aya Majzoub, stellvertretende Direktorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika, reagierte auf die schockierende Nachricht: „Die offensichtliche Abschiebung dieser Geflüchteten durch die libanesische Armee zeigt einmal mehr, wie rücksichtslos die Behörden mit schutzbedürftigen Menschen umgehen. Sie entkamen dem Krieg in Syrien, ertrugen harte Bedingungen als Flüchtlinge im Libanon und überlebten dann den Untergang ihres Bootes... nur um dann anscheinend unrechtmäßig wieder in die Hände der Behörden zu gelangen, vor denen sie geflohen waren. Sie wurden dann offenbar von korrupten Beamten und Schmugglern ausgebeutet. Der Libanon sollte seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen und aufhören, Flüchtlinge nach Syrien abzuschieben, wo sie glaubhaft der Gefahr von Verhaftung, Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind."


Erzwungene Rückführung nach Syrien


Am 31. Dezember 2022 begann ein Boot mit etwa 230 meist syrischen Menschen an Bord, die Europa erreichen wollten, zu sinken, nachdem es von der Nordküste des Libanon aus in See gestochen war. Rettungskräfte der libanesischen Marine und UN-Friedenstruppen retteten Berichten zufolge alle Passagiere bis auf zwei; eine syrische Frau und ein Kind ertranken.
Nachdem sie im libanesischen Hafen von Tripoli an Land gebracht worden waren, lud die libanesische Armee Berichten zufolge fast 200 gerettete Syrer, von denen einige beim UN-Flüchtlingshilfswerk registriert waren, auf Lastwagen und setzte sie auf der syrischen Seite eines inoffiziellen Grenzübergangs in Wadi Khaled, einem abgelegenen Gebiet im Nordosten des Libanon, ab. Die erzwungene Rückführung nach Syrien stellt einen Verstoß gegen die Verpflichtung des Libanon dar, niemanden in Länder zurückzuschicken, in denen ihm Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Nachdem die Flüchtlinge über die Grenze gebracht worden waren, wurden sie angeblich von Männern in syrischen Armeeuniformen festgehalten, bis Familienmitglieder, die es sich leisten konnten, dafür bezahlten, dass sie freigelassen und von Schmugglern in den Libanon zurückgebracht wurden.
Ein beim UN-Flüchtlingshilfswerk registrierter Flüchtling bestätigte gegenüber Amnesty International, dass die libanesische Armee ihn nach Syrien abgeschoben und der syrischen Armee übergeben habe. Er sagte, dass ein "ranghoher Armeeoffizier in Zivil" dann Geld als Gegenleistung dafür verlangte, damit dieser die Rückkehr des Geflüchteten über die Grenze zurück in den Libanon mit Schmugglern koordiniere.

Die offensichtliche Abschiebung dieser Geflüchteten durch die libanesische Armee zeigt einmal mehr, wie rücksichtslos die Behörden mit schutzbedürftigen Menschen umgehen.

Aya Majzoub, stellvertretende Direktorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika