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© Wandbild in Huaquillas "Sprich, höre zu, handle für ein Leben frei von Gewalt" / Ana María Buitrón | Amnesty International

news © Wandbild in Huaquillas "Sprich, höre zu, handle für ein Leben frei von Gewalt" / Ana María Buitrón | Amnesty International

Schutzlos in Ecuador: geflüchtete Frauen aus Venezuela

19. November 2022

Wie Kolumbien und Peru verabsäumt auch Ecuador, venezolanische Geflüchtete zu schützen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben. Dies weist auf einen alarmierenden regionalen Trend hin, der dringend umgekehrt werden muss, so Amnesty International im November bei der Veröffentlichung des neuen Berichts Schutzlos in Ecuador. Venezolanische geflüchtete Frauen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben, berichten, wie sie auch in Ecuador mit allgegenwärtiger Gewalt und einem Staat konfrontiert sind, der nicht in der Lage ist, ihr Recht auf ein Leben frei von Gewalt zu garantieren, zu schützen und zu respektieren.

"Es ist besorgniserregend zu sehen, dass sich Ecuador als Staat in seiner inakzeptablen Behandlung von venezolanischen Frauen, die geschlechtsspezifische Gewalt erlitten haben, Kolumbien und Peru anschließt. Als das Land, das die drittgrößte Anzahl von Menschen aufnimmt, die vor den massiven Menschenrechtsverletzungen in Venezuela fliehen, muss der ecuadorianische Staat sich dringend mit dem unzureichenden Schutz für venezolanische Frauen befassen und diesen Mangel beheben", sagte Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin bei Amnesty International.

Mit 502.214 Menschen im Land (Stand: August 2022) steht Ecuador nach Kolumbien und Peru an dritter Stelle bei der Zahl der venezolanischen Geflüchteten, die dort aufgenommen wurden (2,5 bzw. 1,5 Millionen Venezolaner*innen). Die Gesamtzahl der Flüchtlinge weltweit nimmt stetig zu und liegt inzwischen bei über 7,1 Millionen Menschen, während die Zahl der Länder, die die Einreise und den Schutz der Geflüchteten beschränken, weiter steigt, wie im Falle der Vereinigten Staaten.

In Ecuador machen Frauen und Kinder etwa die Hälfte dieser halben Million Menschen aus, und die meisten von ihnen befinden sich in einer unregulierten Migrationssituation. Amnesty International ist der Ansicht, dass die venezolanische Bevölkerung, die aufgrund massiver Menschenrechtsverletzungen aus ihrem Land geflohen ist, internationalen Schutz benötigt und als Flüchtlinge anerkannt werden sollte. Unabhängig von ihrer derzeitigen Migrationssituation im Land bezeichnet Amnesty sie als geflüchtete Frauen.

Die Untersuchung bestätigte, dass der ecuadorianische Staat das Recht der venezolanischen Frauen auf Flüchtlingsstatus und ein Leben frei von Gewalt nicht garantiert. Was den Flüchtlingsschutz betrifft, so garantieren die ecuadorianischen Behörden den venezolanischen Frauen nicht das Recht, den Flüchtlingsstatus zu beantragen. Obwohl die ecuadorianischen Gesetze die Bedingungen der Flüchtlingsdefinition der Cartagena-Erklärung von 1984 in Artikel 98 des Grundgesetzes über die menschliche Mobilität erfüllen, wird diese Definition nur selten angewendet.

Zwischen 2018 und 2022 wurden nur 555 Frauen formell als geflüchtet anerkannt. Einige Frauen berichteten, dass die Behörden sie davon abhielten, internationalen Schutz zu suchen. Da der Zugang zu den bestehenden alternativen Mechanismen zur Regulierung der Migration stark behindert wird, sind venezolanische Frauen aufgrund ihres ungeregelten Migrationsstatus einem größeren Risiko von Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt.

weitverbreitete geschlechtsspezifische Gewalt in Ecuador

In dem Bericht wird hervorgehoben, dass geschlechtsspezifische Gewalt in Ecuador ein systematisches und weit verbreitetes Problem ist und dass das Recht der venezolanischen Frauen auf ein Leben frei von Gewalt nicht gewährleistet ist: Zwei von drei Frauen sind im Laufe ihres Lebens von irgendeiner Form geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen. In diesem Zusammenhang sind venezolanische geflüchtete Frauen einem noch größeren Risiko physischer, psychischer, sexueller, patrimonialer, gynäkologisch-geburtshilflicher und Cyber-Gewalt im öffentlichen und privaten Raum, entlang ihrer Migrationsroute und an ihrem Zielort ausgesetzt. Diese Anfälligkeit für Gewalt wird für Frauen in einer unregulierten Migrationssituation noch verschärft, wie es bei der Mehrheit der venezolanischen Frauen in Ecuador der Fall ist, von denen viele Angst haben, geschlechtsspezifische Gewalt anzuzeigen, weil sie befürchten, des Landes verwiesen oder mit einer Geldstrafe belegt zu werden. Amnesty ermittelte strukturelle Probleme in den Einrichtungen, die vor Ort für die Ermittlung von Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt zuständig sind und auf diese reagieren, sowie im System der Rechtspflege in Ecuador.

Stereotype und geschlechtsspezifische Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit gegenüber venezolanischen Frauen, der Mangel an Ressourcen und die fehlende Institutionalisierung bewährter Praktiken tragen dazu bei, dass der Zugang zu Schutzmechanismen und zum Strafverfolgungssystem erschwert ist. All diese Faktoren führen dazu, dass der Zugang zur Rechtsprechung und Wiedergutmachung für venezolanische Frauen in der Praxis ein Fantasiegebilde ist, das ihr Recht auf ein Leben frei von Gewalt verletzt.

"Mehr als 7,1 Millionen Menschen sind in den letzten Jahren vor einer noch nie dagewesenen Krise in Venezuela geflohen. Ecuador, Kolumbien, Peru und andere Länder, die Venezolaner*innen aufnehmen, die internationalen Schutz suchen, schulden ihnen eine koordinierte, sofortige und menschenrechtskonforme Antwort. Der Schutz von Frauen und Mädchen, insbesondere von Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt, muss für alle Staaten immer Priorität haben, und wir werden dies auch weiterhin fordern", sagte Erika Guevara-Rosas.

Die Ergebnisse des Berichts beruhen auf Untersuchungen, die zwischen Juni und September 2022 durchgeführt wurden, einschließlich Feldforschungen in den Städten Huaquillas, Machala und Quito zwischen August und September. Für diese Untersuchung wurden insgesamt 99 Personen befragt, darunter 63 Frauen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben, 19 Vertreterinnen und Vertreter von zivilgesellschaftlichen Organisationen, sieben von internationalen Organisationen und 10 von staatlichen Stellen. Darüber hinaus hat Amnesty International 10 Anträge auf Zugang zu öffentlichen Informationen gestellt und die geltende Gesetzgebung, die öffentliche Politik, vorhandene Literatur und Medienberichte zu diesem Thema eingehend geprüft.

Als ich in Quito lebte, konnte ich nicht einmal in Ruhe in den Supermarkt gehen. Da war immer ein ecuadorianischer Mann, der mich an der Tür ansprach und wollte, dass ich Sex mit ihm habe. mit ihm. Ich fühlte mich immer gedemütigt, wenn er mir sagte, dass wir venezolanischen Frauen alle so sind. Wenn ich nein sagte, beleidigte er mich noch mehr. Ich musste dort mit meinen älteren Geschwistern und ohne mein Baby dorthin gehen, damit er mich in Ruhe ließ

Samira, eine aus Venezuela geflüchtete Frau