Loading...
© Zwei Mädchen an der Grenze zwischen Mexiko und den USA im April 2019 /Alli Jarrar, USA/Canada Campaigner

news © Zwei Mädchen an der Grenze zwischen Mexiko und den USA im April 2019 /Alli Jarrar, USA/Canada Campaigner

Mexiko: Massenabschiebungen stoppen

4. Oktober 2021

Tausende Schutzsuchende und Migrant*innen aus Ländern wie Haiti, Honduras, Guatemala und El Salvador sind durch die jüngsten Maßnahmen der mexikanischen Behörden in Lebensgefahr. Nach den vorliegenden Informationen führen die Behörden des Nationalen Migrationsinstituts und der Nationalgarde Massenfestnahmen und -abschiebungen durch, ohne zuvor individuelle Risikobewertungen vorzunehmen oder bedürftigen Menschen den Zugang zu Schutz zu ermöglichen.

In jüngster Zeit haben die Behörden Migrant*innen und Asylsuchende verfolgt, inhaftiert und unnötige Gewalt gegen sie angewendet. Auch Kinder sollen in Haftfeinrichtungen für Migrant*innen im Süden des Landes festgehalten werden, was gegen mexikanisches Recht und internationale Standards zum Schutz des Kindeswohls verstößt.

Hintergrund

Am 9. und 10. August 2021 meldete die Organisation Kollektiv zur Beobachtung und Überwachung der Menschenrechte im mexikanischen Südosten (Colectivo de Observación y Monitoreo de Derechos Humanos en el Sureste Mexicano) die Ankunft von Flugzeugen aus dem US-Bundesstaat Texas am Flughafen von Tapachula im mexikanischen Bundesstaat Chiapas. An Bord sollen sich Migrant*innen und Asylsuchende befunden haben, die auf der Grundlage von "Title 42" aus den USA abgeschoben wurden. "Title 42" wurde von den USA als Reaktion auf Covid-19 erlassen und erlaubt die Abschiebung von Menschen an der Grenze zwischen den USA und Mexiko unter dem Vorwand des Gesundheitsschutzes. Nach Angaben lokaler Organisationen brachten Angehörige des Nationalen Migrationsinstituts und der Nationalgarde die Passagiere der Abschiebeflüge an die Grenze von Talismán zu Guatemala und setzten sie dort aus, ohne eine administrative Bearbeitung oder eine individuelle Prüfung von Asylgründen vorzunehmen. Die Menschen wurden auch in Guatemala nicht registriert, angeleitet oder betreut. Laut lokalen Organisationen kam es in den Monaten August und September zu solchen Vorfällen, von denen vor allem Menschen aus Haiti, Guatemala, El Salvador und Honduras betroffen waren. Diese Praxis soll auch auf dem Flughafen von Villahermosa im südlichen Bundesstaat Tabasco stattfinden, wo Migrant*innen und Asylsuchende, die mit dem Flugzeug ankommen, von den Behörden sofort in Busse verladen und ohne individuelle Prüfung ihres Asylantrags oder administrative Bearbeitung nach Honduras gebracht werden.

Lokale Organisationen berichten außerdem, dass nicht nur aus den USA abgeschobene Personen so behandelt werden, sondern auch Menschen aus Haiti und Zentralamerika, die im Landesinneren von Mexiko inhaftiert sind. Auch Personen mit regulärem Status in Mexiko, wie beispielsweise Personen mit Flüchtlingsstatus oder anhängigen offiziellen Asylanträgen, seien im Eilverfahren abgeschoben worden, was eine schwere Verletzung ihrer Rechte darstellt. Amnesty International hat diese Praxis bereits dokumentiert. Am 29. September meldeten die mexikanischen Migrationsbehörden außerdem, dass sie Menschen aus Haiti per Flugzeug in ihr Herkunftsland zurückschicken, vorgeblich auf freiwilliger Basis.  

Zwischen dem 28. August und dem 5. September wollten tausende Migrant*innen und Asylsuchende die Stadt Tapachula in Chiapas nach tagelangen Protesten verlassen. Die Proteste hatten sich gegen die langsame Bearbeitung von Asylanträgen und die mangelhaften Lebensbedingungen in der Stadt gerichtet. Die Menschen, die vor allem aus Haiti, aber auch aus anderen Ländern kamen, haben Karawanen gebildet, um die Stadt zu verlassen. Angehörige des Nationalen Migrationsinstituts und der Nationalgarde sowie das Militär stoppten die Karawanen und gingen mit exzessiver Gewalt gegen die Teilnehmenden vor. Die Sicherheitskräfte sollen die Schutzsuchenden geschlagen und Kinder von ihren Familien getrennt haben. Auch Journalist*innen sollen verletzt worden sein. Die Behörden haben auch haitianische Migrant*innen im nördlichen Grenzstaat Coahuila verfolgt, wo tausende Menschen aus Haiti auf die Einreise in die USA warten. Medienberichten zufolge führten Angehörige der Polizei, des Migrationsinstituts und der Nationalgarde am 21. und 22. September Razzien in Hotels und auf der Straße durch, um Personen aus Haiti, die möglicherweise internationalen Schutz benötigen, festzunehmen.

Neben den rechtswidrigen Massenfestnahmen und -abschiebungen berichten lokale Organisationen auch über schlechte Haftbedingungen in Einrichtungen für Migrant*innen an der südlichen Grenze Mexikos. In den Zentren Cupape 1, Cupape 2 (La Mosca) und Siglo XXI in Chiapas wurde Überbelegung gemeldet. Auch Säuglinge, Kinder und Jugendliche sollen in diesen Einrichtungen festgehalten werden, obwohl dies nach mexikanischem Recht und internationalen Standards zum Schutz des Kindeswohls ausdrücklich verboten ist. Amnesty International und andere Organisationen forderten die mexikanische Regierung kürzlich auf, die Inhaftierung und Abschiebung von Migrant*innen und Asylsuchenden aufgrund der Gefahren der Coronapandemie einzustellen.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Menschen, die in Mexiko Asyl suchen, rasant gestiegen. Die 2021 von der Mexikanischen Kommission für Flüchtlingshilfe veröffentlichten Daten zeigen, dass Flüchtlinge aus Honduras in diesem Jahr den größten Anteil der Asylsuchenden in Mexiko ausmachen, gefolgt von Menschen aus Haiti, Kuba und El Salvador. Amnesty International hat dokumentiert, dass Angriffe, Drohungen, Verfolgung, Straflosigkeit und ein hohes Maß an Armut und Ungleichheit die Hauptfaktoren sind, die zur Flucht aus zentralamerikanischen Ländern nach Mexiko führen. 

In Haiti gibt es seit mindestens 2019 Proteste und großflächige Gewalt, die von Amnesty International dokumentiert wurden. Inmitten des Chaos um die Ermordung von Präsident Jovenel Moïse Anfang Juli 2021 sowie der Gewaltkriminalität und der derzeitigen Menschenrechtskrise werden Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen zunehmend angegriffen. Der haitianischen Regierung wird vorgeworfen, an Angriffen von Banden in verarmten Vierteln beteiligt gewesen zu sein. In einem Bericht Anfang 2021 wiesen die Vereinten Nationen auf die Zunahme der Menschenrechtsverletzungen hin. Amnesty International hat eine Urgent Action gestartet, um die Abschiebungen und Menschenrechtsverletzungen gegen Haitianer*innen in den USA zu beenden.

SETZ DICH EIN FÜR SCHUTZSUCHENDE AUS HONDURAS; HAITI, KUBA UND EL SALVADOR!

Seit August haben die mexikanischen Behörden zahlreiche Migrant*innen und Asylsuchende inhaftiert und abgeschoben, ohne sicherzustellen, dass sie nicht an Orte zurückgeschickt werden, an denen ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit gefährdet sein könnten. Solche Abschiebungen setzen tausende Menschen großen Gefahren aus. Es wurde auch über exzessive Gewaltanwendung gegen Migrant*innen und Asylsuchende berichtet. Die Rechte dieser Menschen müssen dringend geschützt werden.

Unterschreibe jetzt!

Bitte abschicken bis: 1.12.2021

Antikriegsaktion: Russische Künstlerin in Haft!

Jetzt helfen