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© Amnesty International, Foto: Tsvangirayi Mukwazhi

news © Amnesty International, Foto: Tsvangirayi Mukwazhi

Familien nach Zwangsräumung obdachlos

3. Juni 2018

Vier Familien, bestehend aus 61 Personen, darunter 33 Kinder, sind nach der rechtswidrigen Zwangsräumung und Zerstörung ihrer Unterkünfte weiterhin obdachlos. Sie waren im landwirtschaftlich geprägten Embetseni ansässig, das zur Streusiedlung Malkerns gehört. Die Bewohner*innen waren nicht im Voraus über die Räumung informiert worden und mussten sich selbst um alternative Unterkünfte kümmern. Die meisten Familien mussten sich daraufhin trennen, um eine Bleibe zu finden. Die Regierung von Swasiland hat keinen Kontakt zu den betroffenen Familien aufgenommen und ihnen keine alternativen Unterkünfte zur Verfügung gestellt. Sie sind deshalb möglicherweise weiteren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

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Du kannst bis zum 11.7.2018 an der Aktion teilnehmen.

Sachlage

Die vier aus ihren Unterkünften vertriebenen Familien haben bereits mehrere Versuche unternommen, die Behörden von Swasiland zu treffen, darunter Beamt*innen aus dem Büro des stellvertretenden Premierministers. Damit wollen sie erreichen, dass ihnen die Regierung alternative Wohnmöglichkeiten bereitstellt. Bislang blieben sie jedoch erfolglos. Die Familien waren am 9. April 2018 aus der landwirtschaftlich geprägten Embetseni-Region vertrieben worden, die zur Streusiedlung Malkerns gehört. Bei der rechtswidrigen Zwangsräumung wurden ihre Unterkünfte im Beisein eines Vertreters des Hohen Gerichts von Mbabane und bewaffneten örtlichen Polizeikräften zerstört.

Die Bewohner*innen wurden nicht angemessen mit zeitlichem Vorlauf über die bevorstehende Zwangsräumung informiert. Nur einen Tag vor der Räumung erfuhren die betroffenen Familien von dem Räumungsbefehl, der von einem Gericht bereits am 14. Juli 2017 ausgestellt worden war. Infolge der Räumungen waren einzelne Familienmitglieder gezwungen, sich von ihren Familien zu trennen und eine separate Unterkunft zu suchen. Für viele Familien wäre es sonst unmöglich gewesen, eine angemessene vorübergehende Bleibe zu finden. Die Frauen und Kinder sind in vorübergehenden Mietsunterkünften untergebracht. Andere Familienangehörige sind in den Notunterkünften geblieben, in die sie direkt nach der Zwangsräumung untergebracht worden waren.

Das private Landwirtschaftsunternehmen, dem das Land gehört, auf dem die Häuser gestanden hatten und für das die Räumung beantragt worden war, war am 2. Mai 2018 mit den betroffenen Familien zusammengekommen. Allerdings überlies es ihnen lediglich 10.000 Emalangeni (etwa 680 Euro) und eine Kuh pro Familie. Sie wiesen darauf hin, dass es sich dabei um eine Spende an die Familien und nicht um eine Entschädigung für die Zwangsräumung handele. Der Geldbetrag ist unzureichend für den Erwerb eines neuen Wohnsitzes. Deshalb sind die Familien nach wie vor obdachlos und dem Risiko weiterer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Eltern berichten, dass ihre Kinder von der Zwangsräumung traumatisiert sind und nicht in der Lage, sich auf den Schulunterricht zu konzentrieren. Das könnte sich negativ auf deren Schulleistungen auswirken.

Hintergrundinformation

Bereits 1957 waren die Familien vom damaligen König Sobhuza II. vertrieben worden, um auf dem betreffenden Land Platz für die Holzgewinnung zu schaffen. Sie wurden auf dem Land in Embetseni neu angesiedelt, von dem sie am 9. April 2018 erneut weichen mussten.

Das private Landwirtschaftsunternehmen hatte das Grundstück 1999 von dem Unternehmen Usutu Pulp Limited gekauft. Infolge dieses Kaufs zogen die Familien gegen das Landwirtschaftsunternehmen vor Gericht und argumenierten für die Anerkennung ihrer Landrechte, da sie das Land seit 1957 bewohnen. Das Hohe Gericht entschied zugunsten der Familien.

Das private Landwirtschaftsunternehmen reichte 2013 Rechtsmittel am Obersten Gerichtshof ein. Dieser urteilte, dass die Familien trotz ihrer langen Ansässigkeit keine Ansprüche auf das Land hätten und dieses deshalb innerhalb von 21 Tagen räumen müssten. Die Familien baten daraufhin die Menschenrechtskommission in Swasiland um Unterstützung in dem Fall. Diese sprach sich vor dem Obersten Gerichtshof für einen Aufschub der Räumung aus.

Nichtsdestotrotz wurde die Zwangsräumung auf der Grundlage eines Beschlusses des Hohen Gerichts von Juli 2017 durchgeführt, welche die Zerstörung der gesamten, durch die Gemeinde errichteten Infrastruktur anordnete. Internationalen Menschenrechtsstandards zufolge müssen auch solche Räumungen rechtstaatlichen Vorgaben entsprechen. Niemand darf als Folge einer Räumung obdachlos werden und dem Risiko anderer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein.

Der 32-jährige Scelo “Max” Dlamini, Mitglied einer betroffenen Familie, war in den frühen Morgenstunden des 16. Mai ausgeraubt und ermordet worden, als er sich auf dem Weg zurück zum Kraal des Oberhaupts der Gemeinde (traditionelle Siedlung mit mehreren Behausungen) befand. Er war dort nach der Zwangsräumung untergekommen. Seine Familie glaubt, dass er getötet wurde, weil er eine Abkürzung von Embetseni zurück eingeschlagen hatte, die in der Nähe seines früheren Zuhauses verläuft. Dazu wäre es nicht gekommen, so die Familienangehörigen, wenn sie nicht aus ihrem Zuhause vertrieben worden wären.

Amnesty International hat in Swasiland bereits zahlreiche rechtswidrige Zwangsräumungen dokumentiert.

UA-071/2018-1, AFR 55/8492/2018