© Fatia Maulidiyanti, Koordinatorin der indonesischen Menschnrechtsorganisation KontraS / privat
© Fatia Maulidiyanti, Koordinatorin der indonesischen Menschnrechtsorganisation KontraS / privat
news

Menschenrechtler*innen droht Haftstrafe

17. März 2023

Am 6. März 2023 übergab die Polizei von Jakarta die Ergebnisse ihrer Ermittlungen gegen Fatia Maulidiyanti und Haris Azhar für die weitere Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung an die Generalstaatsanwaltschaft. Den beiden Menschenrechtsverteidiger*innen wird Verleumdung vorgeworfen. Am 17. März 2022 wurden Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti unter dem Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen (ITE) angeklagt. Die Vorwürfe gegen sie stammen vom 22. September 2021 und waren vom amtierenden Minister für Meeres- und Investitionsangelegenheiten von Indonesien vorgebracht worden. Im Falle einer Verurteilung drohen Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti möglicherweise vier Jahre Gefängnis.

Setz dich ein!

Den beiden Menschenrechtsverteidiger*innen Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti wird vorgeworfen, gegen das Gesetz über Elektronische Informationen und Transaktionen (ITE) verstoßen zu haben. Nachdem die Polizei der Generalstaatsanwaltschaft am 6. März 2023 die Ergebnisse ihrer Ermittlungen vorgelegt hatte, droht den beiden nun die strafrechtliche Verfolgung. Der Fall von Fatia Maulidiyanti und Haris Azhar ist Teil der andauernden Unterdrückung von Menschenrechtsverteidiger*innen in Indonesien, deren Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt wird.

Die Vorwürfe gegen Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti beziehen sich auf ein Video auf Haris Azhars YouTube-Kanal, in dem er und Fatia Maulidiyanti den Bericht "A Political Economy Study of Military Placement in Papua: The Case of Intan Jaya" diskutieren. Im Bericht werden die mutmaßlichen Verbindungen zwischen Militäroperationen und Bergbauaktivitäten im Bezirk Intan Jaya in Papua dargelegt. Der Bericht war am 12. August 2021 von neun zivilgesellschaftlichen Organisationen veröffentlicht worden, darunter auch die Menschenrechtsorganisation KontraS unter der Leitung von Fatia Maulidiyanti. Am 29. August 2021 erklärte Haris Azhar, dass die in dem Gespräch genannten Daten aus dem gemeinsam von mehreren zivilgesellschaftlichen Organisationen erstellten Bericht stammen, der die mutmaßliche Verwicklung mehrerer Personen aus dem Militär in die Bergbauindustrie darlegt.

Die beiden Menschenrechtsverteidiger*innen wurden vom Minister für Meeres- und Investitionsangelegenheiten, Luhut Binsar Pandjaitan, bei der Polizei angezeigt. Darüber hinaus verklagte er sie auf je 100 Milliarden Rupiah (etwa 6 Millionen Euro). Der Minister war der Ansicht, dass das Video unwahre Aussagen, Rufmord und Fake News beinhaltet.

Am 21. Oktober 2021 wurden Haris Azhar, Fatia Maulidiyanti und Luhut Binsar Pandjaitan von der Polizei in Jakarta zu einem Vermittlungsgespräch vorgeladen. Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti waren an dem Datum anwesend, der Minister fehlte jedoch. Das Gespräch wurde daher auf unbestimmte Zeit verschoben. 

Am 17. März 2022 wurden Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti der Verleumdung beschuldigt und gemäß Paragraf 27 des ITE-Gesetzes angeklagt. Am 21. März 2022 wurden beide von der Polizei in Jakarta zu einem Verhör vorgeladen. 

Am Morgen des 6. März 2023 lud die Polizei Fatia Maulidiyanti und Haris Azhar erneut vor, um sie über die Fertigstellung ihrer Fallakte zu informieren und eine medizinische Untersuchung durchzuführen. Die Polizei übergab die Fallakte noch am selben Tag an das Bezirksgericht von Ost-Jakarta, deren Staatsanwaltschaft für den Verwaltungsbezirk zuständig ist und der Generalstaatsanwaltschaft von Jakarta untersteht.

Die Rechtsbeistände von Fatia Maulidiyanti und Haris Azhar gehen davon aus, dass der Prozess gegen sie bereits am 13. März 2023 hätte beginnen können.

Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti werden strafrechtlich verfolgt, nur weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben — ein Menschenrecht, das sowohl nach internationalem als auch nach indonesischem Recht garantiert ist. Im Falle einer Verurteilung drohen den Menschenrechtsverteidiger*innen dafür möglicherweise vier Jahre Gefängnis.

Hintergrund

Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti sind indonesische Menschenrechtsverteidiger*innen. Fatia Maulidiyanti ist Koordinatorin der Menschenrechtsorganisation KontraS. Die Organisation ist seit der Suharto-Ära in Indonesien dafür bekannt, Menschenrechtsverletzungen aufzudecken und sich für die Betroffenen (Verschwundene und Opfer von Gewalttaten) einzusetzen. Haris Azhar ist Dozent, Anwalt und Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Lokataru Foundation.

Am 20. August 2021 stellte Haris Azhar ein Video eines Gespräches zwischen ihm und Fatia Maulidiyanti auf seinen YouTube-Kanal. Darin sprechen sie über einen Bericht, in dem einige Unternehmen erwähnt werden, die mutmaßlich an der Erkundung der Goldmine Wabu Block in Intan Jaya, Papua, beteiligt sein sollen. Der Bericht war am 12. August 2021 von neun zivilgesellschaftlichen Organisationen veröffentlicht worden, darunter KontraS unter der Leitung von Fatia Maulidiyanti, und trägt den Titel: "A Political Economy Study of Military Placement in Papua: The Case of Intan Jaya". Darin wird ein Zusammenhang zwischen den von der indonesischen Regierung an einige Unternehmen vergebenen Konzessionen und dem irregulären Einsatz des Militärs in Papua hergestellt. Der ehemalige Militärgeneral und amtierende Minister für Meeres- und Investitionsfragen, Luhut Binsar Pandjaitan, ist mutmaßlich Minderheitsaktionär von einem der im Bericht genannten Unternehmen. 

Nach der Veröffentlichung des Videos veranlasste der Minister die Vorladung von Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti am 26. August und 2. September 2021. Nach Angaben seines Sprechers sollten die beiden ihm das Motiv, die Absicht und den Zweck des Videos erklären.

Amnesty International Indonesien hat von Januar 2019 bis Dezember 2022 mindestens 1.021 Fälle von Strafverfolgungen, Festnahmen, Angriffen und Einschüchterungen von Menschenrechtsverteidiger*innen durch verschiedene Akteure registriert. Zwischen Januar 2019 und Mai 2022 wurden mindestens 332 Personen unter dem ITE-Gesetz angeklagt, die meisten von ihnen wegen Verleumdung.

Setz dich ein!

Bitte unterschreibe die Petition bis 11. Mai 2023