Loading...
© Amnesty International

Presse © Amnesty International

Emirate versorgen skrupellos Milizen mit westlichen Waffen

6. Februar 2019

Zusammenfassung

Amnesty-Recherchen zeigen, wie die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) jemenitische Milizen ohne jeden Skrupel mit moderner Waffentechnologie ausstatten – und damit den Konflikt noch verschärfen.

Viele Staaten, darunter EU-Mitglieder, verstoßen gegen das internationale Waffenhandelsabkommen, indem sie weiterhin Waffen an die VAE liefern.

Die Recherche wird am Mittwoch auf der interaktiven Webseite https://arms-uae.amnesty.org/ veröffentlicht – mit Karten, Satellitenbildern und fotografischen Beweisen für die von den Milizen verwendeten Waffen.

Über die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gelangen in großem Umfang Panzerfahrzeuge, Mörsersysteme, Gewehre, Pistolen und Maschinengewehre an Milizen, die keiner Regierung unterstehen. Das belegen aktuelle Amnesty-Recherchen, die heute veröffentlicht werden. Diesen Milizen werden Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverstöße vorgeworfen.

Das Erstarken der Milizen im Jemen ist eine Katastrophe für die dortige Zivilbevölkerung: Tausende Zivilist*innen sind im Zuge des Konflikts bereits getötet worden, Millionen Menschen sind am Rande einer Hungersnot.

Den VAE und den von ihnen unterstützten Milizen werden schwere Menschenrechtsverstöße vorgeworfen. Dennoch haben folgende Staaten erst kürzlich Rüstungsexporte an die emiratische Regierung genehmigt oder durchgeführt: Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Südafrika, Südkorea, Tschechien, Türkei, die USA und einige mehr.

„Die USA und europäische Staaten werden zu Recht dafür kritisiert, dass sie Waffen an die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition liefern. Dem Iran wird vorgeworfen, die Huthis mit Waffen versorgt zu haben“, sagt Patrick Wilcken, Experte für Waffenkontrolle und Menschenrechte bei Amnesty International.

„Im Jemen sammeln sich immer mehr von den VAE unterstützte Milizen, die in der Regel niemandem Rechenschaft ablegen. Das ist eine weitere Bedrohung“, sagt Patrick Wilcken.

Das Militär der Emirate erhält von westlichen Staaten und anderen Ländern Waffenlieferungen in Milliardenhöhe. Sie leiten diese dann an Milizen im Jemen weiter, deren Handlungen keiner Kontrolle unterstehen und die nachweislich Kriegsverbrechen begehen.

Patrick Wilcken, Experte für Waffenkontrolle und Menschenrechte bei Amnesty International

Die bewaffneten Gruppen werden von den VAE ausgebildet und finanziert. Sie unterstehen jedoch keiner Regierung. Unter ihnen befinden sich auch die als „Giants' Brigade“, „Sicherheitsgürtel“ und „Elitetruppen“ bekannten Gruppen. Einigen von ihnen werden Kriegsverbrechen vorgeworfen, wie z. B. die jüngste Offensive auf die Hafenstadt Hudaida und das Unterhalten eines von den VAE unterstützten Netzwerks an Geheimgefängnissen im Süden des Jemen.

Waffenlieferungen an die Vereinigten Arabischen Emirate

Seit Ausbruch des Konflikts im Jemen im März 2015 haben westliche Staaten Waffen im Wert von mindestens 3,5 Milliarden US-Dollar an die Emirate geliefert. Hierzu zählten schwere konventionelle Waffen – wie z. B. Flugzeuge und Schiffe – aber auch Kleinwaffen, leichte Waffen sowie Zubehör und Munition.

Amnesty International hat öffentlich zugängliche Informationen zu den Kampfhandlungen in Hudaida analysiert: Militärfahrzeuge und Waffen, die ursprünglich an die VAE geliefert worden waren, nutzen mittlerweile Milizen vor Ort.

Zahlreiche aus den USA gelieferte Panzerfahrzeuge wurden bei den Milizen „Giants' Brigade“, „Sicherheitsgürtel“ und „Shabwani-Elitetruppen“ entdeckt. Diese Gruppen werden von den VAE unterstützt. Bei den Fahrzeugen handelt es sich z. B. um M-ATV, Caiman und MaxxPro, die mit schweren Maschinengewehren ausgestattet sind.

Die „Giants' Brigade“ verwendet die in Belgien hergestellte leichte Maschinengewehre FN Minimi, die vermutlich ebenfalls ursprünglich an die VAE verkauft wurden. Weitere Waffen, die von den Milizen in Hudaida eingesetzt werden, sind beispielsweise die in Serbien hergestellte Maschinengewehre Zastava MO2 Coyote und ein 120mm-Mörsersystem vom Typ Agrab aus Singapur, das auf Panzerfahrzeuge montiert wird. Die VAE ist bisher das einzige Land, das sich dieses kombinierte Waffensystem liefern lässt.

Amnesty International und andere Organisationen haben bereits in der Vergangenheit dokumentiert, dass diese Truppen in Fälle des Verschwindenlassens und in andere Menschenrechtsverstöße in diesen Hafteinrichtungen verwickelt sind. Hierzu zählen unter anderem Inhaftierungen mit vorgehaltener Waffe, Folter mit Elektroschocks, simuliertes Ertrinken (Waterboarding), das Aufhängen an der Decke, sexualisierte Demütigung, lange Einzelhaft, schlechte Haftbedingungen und unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wasser.

Die Milizen, die diese Geheimgefängnisse kontrollieren, sind mit bulgarischen Gewehren und US-Panzerfahrzeugen ausgestattet.

Verstöße gegen den internationalen Waffenhandelsvertrag

Viele der Staaten, die auch weiterhin Waffen an die Vereinigten Arabischen Emirate liefern, sind Vertragsparteien des internationalen Waffenhandelsabkommens. Einige sind aufgrund ihrer EU-Mitgliedschaft oder ihrer eigenen innerstaatlichen Gesetzgebung verpflichtet, keine Waffenlieferungen zu genehmigen, wenn diese für Kriegsverbrechen benutzt werden könnten. Indem sie weiterhin Waffen an die VAE liefern, verstoßen diese Länder gegen ebendiese Verpflichtungen. Denn es gibt Belege dafür, dass mit diesen Waffen im Jemen Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverstöße begangen werden.

Amnesty International fordert diese Staaten auf, ihre Waffenlieferungen an alle am Jemen-Konflikt beteiligten Parteien einzustellen. Das muss so lange gelten, bis keine wesentliche Gefahr mehr besteht, dass mit diesen Waffen schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen begangen oder ermöglicht werden.

Dänemark, Finnland, die Niederlande und Norwegen haben vor kurzem angekündigt, alle Rüstungstransfers an die VAE einstellen zu wollen.

Presse

Fußball-WM 2022: Die Uhr tickt

Mehr dazu

Antikriegsaktion: Russische Künstlerin in Haft!

Jetzt helfen