"Die Tatsache, dass Chaima Issa vor ein Militärgericht gestellt wurde, verstärkt noch das ihr widerfahrene Unrecht. Gemäß internationaler Menschenrechtsnormen dürfen Verfahren gegen Zivilpersonen nicht vor Militärgerichten verhandelt werden. In den vergangenen Jahren haben die tunesischen Behörden unter der Führung von Präsident Kais Saied zunehmend auf Militärprozesse als Mittel zur Verfolgung von Kritiker*innen und Gegner*innen zurückgegriffen“, so Hammami weiter.
Hintergrund
Amnesty International fordert die tunesischen Behörden im Rahmen des Briefmarathons 2023 auf, ihre haltlosen Ermittlungen gegen Chaima Issa einzustellen und die Einschränkungen aufzuheben, denen sie nur aufgrund der Wahrnehmung ihrer Menschenrechte unterliegt.
Chaima Issa wurde schuldig gesprochen, gemäß Paragraf 24 des Gesetzesdekrets 54 Falschnachrichten verbreitet zu haben, entsprechend Paragraf 81 des Militärjustizgesetzes Armeeangehörige zur Befehlsverweigerung aufgefordert zu haben, und unter Paragraf 67 des Strafgesetzbuchs den Präsidenten beleidigt zu haben.
In Tunesien werden verstärkt Zivilpersonen vor Militärgerichte gestellt, seit Präsident Saied am 25. Juli 2021 die Macht ergriff und sich die Menschenrechtslage allgemein verschlechterte. Die Zuständigkeit der Militärgerichte sollte laut internationaler Menschenrechtsnormen auf Verfahren gegen Angehörige des Militärs wegen militärischer Pflichtverletzung beschränkt sein.
Gleichzeitig zu dem Militärprozess laufen gegen Chaima Issa und Dutzende weitere politische Aktivist*innen und Sprecher*innen der Opposition Verfahren vor Zivilgerichten, die als Vergeltungsmaßnahme für deren politische Arbeit und Meinungsäußerung eingeleitet wurden und auf konstruierten Anklagen beruhen. Einige der Betroffenen befinden sich bereits seit Februar 2022 in Untersuchungshaft. Chaima Issa wurde am 22. Februar 2023 festgenommen und nach vier Monaten willkürlicher Haft am 13. Juli vorläufig freigelassen. Allerdings bestanden die Anklagen gegen sie weiter, sie wurde mit einem Reiseverbot belegt und die Behörden verboten ihr, „in öffentlichen Räumen aufzutreten“. Nun kam es zu einem ersten Urteil.